Bild nicht mehr verfügbar.

Opioide bergen große Missbrauchsgefahr und häufige Nebenwirkungen.

Foto: ap/Toby Talbot

Aktuelle Studien legen nahe, dass Opioide in manchen Fällen auch zu großzügig verschrieben werden, ungeachtet der möglichen Nebenwirkungen und Missbrauchsgefahr. "Wir müssen den Trend zum vermehrten Opioid-Konsum durchaus differenziert betrachten. Opioide sind nicht frei von Nebenwirkungen, deshalb sollten sie nur jene Patienten erhalten, die gut darauf ansprechen, langfristig einen Nutzen davon haben und bei denen andere Therapieoptionen versagen", sagt EFIC-Präsident Hans Georg Kress anlässlich der 13. Österreichischen Schmerzwochen der Österreichischen Schmerz-Gesellschaft. 

Unterschätze Nebenwirkungen

Neben den bekannteren Effekten wie etwa Verstopfung, Übelkeit oder Mundtrockenheit lösen Opioide eine Reihe anderer und gelegentlich unterschätzter Reaktionen aus, nicht zuletzt, weil sie in das Hormonsystem und in Stoffwechselvorgänge eingreifen - dies zeigt eine aktuelle Studie aus Spanien. Mehr als 40 Prozent der untersuchten Schmerzpatienten beklagten Nervosität und Störungen der Libido als Nebenwirkungen, mehr als 30 Prozent litten unter Schlaflosigkeit oder Depression. Eine weitere auf dem Kongress präsentierte internationale Studie legt nahe, dass viele Patienten Opioide erhalten, obwohl sie klinisch nicht davon profitieren.

Im Windschatten der großzügigeren Opioid-Verordnungen ist in den letzten Jahren ein weiteres Problem aufgetreten: Missbrauch. "Dieses Problem ist vorwiegend in Nordamerika und Australien virulent, weil dort ein weniger regulierter Umgang mit Opioid-Verschreibungen gepflegt wird als in Europa, wo der Zugang durch spezielle Rezeptformulare oder Suchtmittelregister strikt geregelt ist", sagt Kress. Sinnvoll könnte es sein, bereits zu Therapiebeginn abzuklären, ob bei Betroffenen ein Missbrauchsrisiko vorliegt oder nicht. "Eine aktuelle italienische Studie zeigt etwa, dass spezifische Fragebögen diesbezüglich ein verlässliches Prognoseinstrument darstellen und empfiehlt, vor der Opioid-Verschreibung die psychische Gesundheit von Patienten zu evaluieren", so Kress.

"Vernünftigen Mittelweg finden"

Eine norwegische Studie mit über 17.000 Personen belegt zudem, dass nicht immer die geeigneten Patienten langfristig Opioide erhalten: 34 Prozent der Studienteilnehmer haben ihre Opioid-Dosis binnen fünf Jahre mehr als verdoppelt. "Es ist besorgniserregend, dass ein hoher Dosisanstieg ein verbreitetes Phänomen in der Langzeittherapie ist, zumal hohe Dosen mit einem starken Konsum von süchtig machenden Benzodiazepinen (Tranquilizern) einhergehen", so Kress. Dies sei umso bedenklicher, als auch eine dänische Studie eine auffällige Beziehung zwischen chronischem Schmerz, Opioid- und Benzodiazepin-Gebrauch findet und Verbindungen zu bestimmten Risikofaktoren herstellt.

"Wir müssen einen vernünftigen Mittelweg zwischen dramatischer Unterversorgung, Überverschreibung und Missbrauchsproblematik finden. Es darf nicht das Kind mit dem Bade ausgeschüttet werden, indem Missbrauch in einzelnen Teilen der Welt zum globalen Ruf nach Restriktionen führt. Diese würden unüberwindbare Hürden für Patienten bedeuten, die Opioide dringend zur Schmerzkontrolle benötigen", sagt Kress. Ein Ansatz sei, Schmerzpatienten dahingehend zu screenen, ob sie tatsächlich und ohne massive Nebenwirkungen auf Opioide ansprechen und ob sie eine latente Sucht- oder Missbrauchsgefährdung aufweisen. (red, derStandard.at, 17.10.2013)