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Immer mehr junge Osteuropäer zieht es ins Ausland.

Foto: APA/Reinhardt

Wien/Sofia/Warschau - Gerade in Zeiten der Krise sind europäische Länder mit der Abwanderung hoch qualifizierter Arbeitskräfte ("brain drain") konfrontiert. Vor allem Osteuropa ist betroffen. Auch wenn der Fall des Eisernen Vorhangs schon mehr als zwei Jahrzehnte zurückliegt - der starke Abwanderungsfluss dürfte auch künftig nicht abreißen. Die Arbeitsmigration ist nach wie vor sehr hoch. Im folgenden Beispiele aus einigen Staaten:

Polen

"Der große Exodus hält an" - so kommentierte die Tageszeitung "Rzeczpospolita" die neue Migrationsstatistik in Polen. Ende 2012 wohnten laut dem staatlichen Amt für Statistik GUS 2,13 Millionen Polen im Ausland. Die Zahl der aus Polen Ausgereisten stieg damit um weitere 70.000, im Jahr zuvor betrug der Anstieg bereits 130.000. Rund 1,6 Millionen Emigranten leben schon mehr als ein Jahr im Ausland. "Damit bestätigen sich unsere düsteren Erwartungen", erklärt die Emigrations-Forscherin Krystyna Iglicka, die mit der Öffnung des Arbeitsmarkts in Österreich und Deutschland für CEE-Staaten 2011 eine neue Auswanderungswelle prophezeit hatte.

Die meisten der Auslands-Polen - rund 726.000 - sind laut GUS zwischen 25 und 34 Jahre alt. In ihrer Generation suchte damit jeder Neunte sein Glück fern der Heimat. Besonders viele Polen zieht es nach wie vor nach Großbritannien. Ihre Zahl stieg dort in den vergangenen beiden Jahren von 580.000 auf 630.000. An zweiter Stelle steht Deutschland mit 500.000 Einwanderern von der anderen Seite der Oder, hier betrug der Anstieg sogar 60.000. Prozentual am schnellsten wächst die polnische Gemeinde in den skandinavischen Ländern - in Norwegen in drei Jahren um 44 Prozent auf heute 65.000, in Schweden um 22 Prozent auf 38.000. Als Hauptgrund für die Emigration nennen Experten den Wunsch nach finanzieller Unabhängigkeit. So leben 44 Prozent der zwischen 25- und 34-Jährigen Polen noch bei ihren Eltern, weil sie sich - auch bei Berufstätigkeit - keine eigene Wohnung leisten können.

Bulgarien

Während der vergangenen 23 Jahre emigrierten rund 1,6 Millionen bulgarische Staatsbürger. Laut einer aktuellen Umfrage sind 27 Prozent der Bulgaren bereit, ihr Land zu verlassen, wie die Tageszeitung "24 Stunden" (24 Tschassa) berichtet. 60 Prozent davon könnten sich auch vorstellen, nie wieder in ihre Heimat zurückzukehren. Hauptgründe für die Entscheidung, ins Ausland zu ziehen, sind vorrangig ökonomischer Natur. Schlechte wirtschaftliche Verhältnisse, soziale Armut und "Chancenlosigkeit" durch die vielverbreitete Korruption und Günstlingswirtschaft liegen laut dem Nationalen Statistikamt in Sofia der Abwanderung zugrunde. Während ein Großteil der Bulgarien anfänglich die USA oder Kanada als Destination bevorzugten, verlagern sich Auswanderer nun zunehmend nach Großbritannien, Deutschland, Spanien, Griechenland und Italien.

Rumänien

Laut Volkszählung 2011 gibt es 19,04 Millionen Rumänen - ein recht dramatischer Rückgang von 2,6 Millionen in den letzten 10 Jahren. 1992 waren 22,8 Millionen Rumänen gezählt worden. Ein Hauptgrund ist die massive Arbeitsmigration, die durch den Demokratisierungsschub ab 1990 und vor allem den EU-Beitritt Rumäniens 2007 ermöglicht wurde. 2014 erlöschen zudem EU-weit (auch in Österreich) die derzeit mancherorts noch geltenden Arbeitsmarktbeschränkungen. 2,3 Millionen Rumänen arbeiten derzeit im Ausland und das seit mehr als 12 Monaten. Nach Angaben des Leiters des Instituts für demografische Studien der Rumänischen Akademie, Vasile Ghetau, müssen hierzu noch "mehrere Hunderttausend" Arbeitnehmer addiert werden, die nur mehrere Monate jährlich im Ausland tätig sind. In den vergangenen Jahren verließen vermehrt hoch qualifizierte Arbeitskräfte das Land. Weniger ausgebildete Personen, oftmals aus den ärmeren Regionen im Osten und Südosten stammend, zog es hauptsächlich nach Spanien oder Italien als Erntehelfer. Zu 70 Prozent gehören die Migranten der Alterskategorie 20 bis 45 an, wie Ghetau gegenüber der APA bestätigte - mit recht gravierenden Folgen für das rumänische Pensionssystem und das Gleichgewicht des Staatshaushalts. (APA, 17.10.2013)