Wien/Klagenfurt - Der Verwaltungsgerichtshof (VwGH) hat Ende September eine Entscheidung in einem jahrelangen Rechtsstreit eines Angehörigen der slowenischen Volksgruppe gegen die Kärntner Gemeinde St. Kanzian (Bezirk Völkermarkt) getroffen. Die Gemeinde bzw. der Bürgermeister hatten sich seit 2003 geweigert, dem Mann Bescheide in slowenischer Sprache auszustellen, obwohl Slowenisch Amtssprache war. Der VwGH hat nun dem Beschwerdeführer recht gegeben.

"Somit ergab sich die Pflicht der Abgabenbehörde der mitbeteiligten Gemeinde, die in Rede stehenden Abgabebescheide dem Beschwerdeführer gegenüber auch in slowenischer Sprache zu erlassen", heißt es laut APA in dem Urteil. 

Streitpunkt Gemeindeabgabe

Ursprünglich war es in dem Rechtsstreit um Bescheide für Gemeindeabgaben gegangen. Der Kärntner Slowene wollte die Bescheide auf Slowenisch bekommen. Die Gemeinde weigerte sich, solche auszustellen. Also zahlte der Bürger nicht. Er legte das Geld jedoch auf einem Treuhandkonto an. Die Gemeinde wiederum reagierte mit Exekutionstiteln und ließ sich sogar ins Grundbuch eintragen. Die Verwaltungsrichter entschieden nun, dass die Abgaben nie wirksam festgesetzt wurden und somit nicht vollstreckbar waren.

Der St. Kanzianer wurde in dem Verfahren von Rechtsanwalt Rudi Vouk vertreten. Im Gespräch mit dem STANDARD bezeichnete  Vouk die geltende Amtssprachenregelung für Sankt Kanzian und Eberndorf schlicht  als "Unsinn". Für beide Gemeinden hatte es im Zuge der Kärntner Ortstafellösung eine eigene Regelung gegeben, die vom damaligen FPK-Chef Uwe Scheuch in die Neufassung des  Volksgruppengesetzes hineinreklamiert worden war. Demnach wurden für die Gemeinden Sankt Kanzian und Eberndorf Ortsteile mit weniger als 17,5 Prozent gemischtsprachiger Bevölkerung aus der Amtssprachenregelung herausgenommen. Für alle anderen zweisprachigen Gemeinden, die im Volksgruppengesetz aufgelistet werden gilt wie für die zweisprachigen Ortstafeln auch für die Anwendung der slowenischen  Amtssprache ein Slowenen-Anteil von 17,5 Prozent.

Vouk: Parlament soll Volksgruppengesetz reparieren

Das Volksgruppengesetz müsse jetzt im Parlament dringend repariert werden, so Vouk. Da dieses mit Verfassungsmehrheit abgesichert ist, bedarf zur Änderung einer Zweidrittelmehrheit. "Es ist absolut pervers, dass man innerhalb einer Gemeinde in einem Ortsteil die slowenische Sprache beim Gemeindeamt verwenden darf und in einem anderen nicht. Das hat FPK den Ortstafel-Verhandlern damals hineingedrückt. Uns Kärntner Slowenen hat man damals einfach erpresst, denn es musste eine Ortstafellösung her." Sollte das Volksgruppengesetz nicht in der neuen Legislatur repariert werden, will sich Vouk an den Europäischen Gerichtshof wenden.

Der Gemeinde Sankt Kanzian räumt Vouk zur Ausstellung eines neuen zweisprachigen Bescheides betreffend die slowenische Amtssprache nur eine kurze Frist bis zum Staatsfeiertag am 26. Oktober ein.

Die Gemeinde müsse bis dahin die Exekutionen gegen den Gemeindebürger und Angehörigen der slowenischen Volksgruppe zurückziehen und die daraus entstandenen Kosten refundieren, sowie sich aus dem Grundbuch des Betroffenen zurückziehen. Sollte sie das nicht tun, würde er 12 weitere gleichartige Beschwerden an den Verwaltungsgerichtshof bringen. Insgesamt seien der Gemeinde Sankt Kanzian bisher durch die Weigerung slowenisch-sprachige Bescheide auszustellen Kosten von rund 80.000 Euro entstanden, beziffert Vouk. Allein er hätte in den vergangenen zehn Jahren rund 100 Schriftsätze dazu verfasst. Dazu kämen noch die Kosten für die gegnerischen Anwälte der Gemeinde. " Das alles hat die Gemeinde nur der Sturheit eines Bürgermeisters zu verdanken, für den slowenisch ein rotes Tuch ist." (APA/stein, 17.10.2013)