Wien - Es ist eine der Schlüsselfragen im Streit um die Vermögenssteuer: Wirft der Obolus genug Geld ab, wenn die Mittelschicht verschont wird? Ja, meint die SPÖ und kalkuliert trotz Freibetrages von einer Million mit 1,5 Milliarden Euro Minimum. Unsinn, kontert die ÖVP und glaubt lediglich an ein paar Hundert Millionen.

Eine Gruppe von Wissenschaftlern wollte es genauer wissen. Ohne Auftrag einer politischen Organisation, sondern aus Eigeninteresse machten sich Wirtschaftsforscher der Freien Universität Berlin, der Linzer Kepler-Uni und der Innsbrucker Gesellschaft für angewandte Wirtschaftsforschung (GAW) ans Nachrechnen. Das Ergebnis habe sie selbst überrascht, sagt GAW-Geschäftsführer Florian Wakolbinger: "Es ist ein Mythos, dass eine Vermögenssteuer mit großzügigen Freibeträgen nichts einbringt."

Daten der OeNB

Die Studie stützt ihre Berechnungen auf jene Daten, welche die österreichische Nationalbank im Auftrag der Europäischen Zentralbank erhoben hat. Da die höchsten Vermögen in derartigen Befragungen mangelhaft erfasst werden, etwa weil Superreiche kaum teilnehmen, haben die Forscher die Vermögen im obersten mittels wissenschaftlicher Schätzverfahren hochgerechnet - inkludiert ist alles von Geld über Immobilien bis Sachvermögen. Der Ertrag wurde anhand von drei möglichen Steuermodellen kalkuliert.

Ergebnis: Selbst die "großzügigste" Variante verspricht erklecklichen Erlös. Trotz eines allgemeinen Freibetrags von einer Million plus zwei Millionen extra für Betriebsvermögen kommen Forscher bei einem abgestuften Tarif von 0,25 bis 0,67 Prozent auf Einnahmen von 2,87 Milliarden. Ohne der Ausnahmen für die Betriebe winken beim gleichen Steuersatz 3,86 Milliarden, bei einem einheitlichen Tarif von 0,5 Prozent 3,57 Milliarden.

Nicht einbezogen hat die Studie Unabwägbarkeiten wie Verwaltungsaufwand und Kapitalflucht. Die genannten Zahlen stellten deshalb eine "Obergrenze" da, schreiben die Experten, halten das Volumen aber allemal für groß genug, um damit eine ernsthafte Steuersenkung für die Arbeitseinkommen zu finanzieren. (Gerald John, DER STANDARD, 17.10.2013)