Es mutet seltsam an, wenn eine autoritäre Hire-&-Fire-Partei, die von demokratischen Gepflogenheiten so weit entfernt ist wie Österreichs Fußballnationalteam von der nächsten Weltmeisterschaft, auf politische Redlichkeit pocht. Doch im aktuellen Fall haben Frank Stronach und seine Adepten recht: Monika Lindners Einzug in den Nationalrat ist eine Frechheit – mehr noch gegenüber den Wählern als gegenüber ihren Kurzzeitparteifreunden.

Okay, dass die Ex-ORF-Chefin vom Stronach'schen Chaoshaufen bereits ein paar Tage nach ihrer Kandidatur die Nase voll hatte, kann man vielleicht noch verstehen. Eine Argumentationshilfe für die Abnabelung böte überdies die Verfassung, laut der Mandatare an keinerlei Aufträge – auch nicht von Parteien – gebunden sind. Doch Lindner trat im Wahlkampf eben nicht als „freie" Kandidatin in besten Sinne auf, sondern hat jegliche Politik verweigert: Sie hat Positionen weder beworben oder argumentiert noch verteidigt, kein Mensch wusste, wofür sie steht. Es ist auszuschließen, dass irgendwer das Team Stronach wegen Lindner gewählt hat – abgesehen von 109 Unentwegten, die ihre Vorzugstimme wohl aus Freundschaft oder einem bizarren Sinn für Humor heraus geopfert haben.

Für das Parlament ist Lindner deshalb ein Unglück: Kein anderes Mitglied nährt stärker das Vorurteil vom gesinnungslosen Volksvertreter, dem es nicht um ernsthafte Arbeit, sondern um die Befriedigung von Eitelkeit, Geldgier und anderen Eigeninteressen geht. (Gerald John, DER STANDARD, 16.10.2013)