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Warteschlange vor dem Erstaufnahmezentrum Traiskirchen: Hier beginnt das bange Warten auf den Asylbescheid.

Foto: APA/Techt

Rund 80.000 in Österreich lebende Menschen sind als Asylsuchende ins Land gekommen, wobei sich 21.600 davon noch in einem laufenden Verfahren befinden. Wer einen positiven Asylbescheid erhält, darf sich hier dauerhaft niederlassen, einen Job suchen, eine Existenz und Freundschaften aufbauen – doch Österreich mache es den Asylberechtigten schwer, diese Möglichkeiten in Anspruch zu nehmen, konstatiert das UN-Flüchtlingswerk UNHCR in seinem Bericht "Refugee Integration in Austria".

Freiheit als Druck

Viele Asylsuchende leben seit Jahren im Land, ohne Deutsch lernen oder einen Job annehmen zu können: Das Gesetz sieht keine Arbeitserlaubnis vor, für Deutschkurse fehlt oft das Geld. "Mit der Anerkennung als Flüchtling werden dann plötzlich viele Türen aufgestoßen, die vorher verschlossen waren. Das ist zwar positiv, viele empfinden es aber auch als großen Druck", erklärt Haleh Chahrokh, Autorin des UNHCR-Berichts. Der Grund: Während sie davor nicht arbeiten durften, müssen sie jetzt binnen vier Monaten einen Job und eine Wohnung finden. Vielen Betroffenen fehlten aber Informationen, wie man sich auf Job- und Wohnungsmarkt zurechtfinde, sagt Chahrokh, die für ihre Recherchen unter anderem 84 Einzelgespräche mit Flüchtlingen geführt hat.

Dazu kommt, dass die geringe staatliche Asylwerber-Unterstützung es nicht zulässt, Summen anzusparen, um beispielsweise Wohnungskautionen aufbringen zu können. "Am privaten Wohnungsmarkt fündig zu werden ist sehr, sehr schwer", sagt Chahrokh. Die Folge: Viele müssten in beengten oder desolaten oder aber überteuert vermieteten Wohnungen hausen. Besonders prekär sei die Situation der subsidiär Schutzberechtigten, die jeweils nur auf ein Jahr befristete Aufenthaltstitel erhalten.

Startnachteil

Die Basis dafür, wie gut sich jemand im Land einlebt, wird schon in den ersten Monaten gelegt. Im Falle von Asylsuchenden ist diese Anfangsphase jedoch von Wartezeiten, Ungewissheit und erzwungener Untätigkeit erfüllt – denkbar ungünstige Bedingungen, um Kontakte zu knüpfen und die Sprache zu lernen. Dieser Startnachteil unterscheidet Flüchtlinge von anderen Zugewanderten in Österreich. Dennoch gebe es praktisch keine Studien darüber, wie die berufliche und soziale Integration von Flüchtlingen in Österreich gelingt, kritisiert Chahrokh.

Erschwerend kommt hinzu, dass Flüchtlinge ihre Qualifikation meist nicht ausreichend nachweisen können – auf der Flucht bleibt kein Platz für Dokumentenmappen. Das UNHCR empfiehlt daher, möglichst früh im Aufnahmeverfahren nicht nur die Fluchtgeschichte, sondern auch den Ausbildungsweg zu dokumentieren, um die spätere berufliche Integration zu erleichtern.

Für "extrem wichtig" hält das Flüchtlingswerk zudem, Asylsuchenden einen Zugang zum Arbeitsmarkt zu gewähren. Könnten sie Jobs annehmen, wären Asylsuchende nicht nur selbstständig abgesichert, sondern hätten auch höhere Chancen, nach der Asylzuerkennung einen Job zu finden. Dazu kommt, dass im Job häufig wichtige soziale Kontakte entstehen, die dabei helfen, sich in der österreichischen Bürokratie zurechtzufinden.

Medizinisch unterversorgt

Als verbesserungswürdig bezeichnet der Bericht auch die medizinische Versorgung von Flüchtlingen: Ein großer Teil leidet unter psychischen Problemen, weil sie die Nachwirkungen von Folter, Verfolgung, Missbrauch und Flucht verarbeiten müssen. Das Betreuungsangebot ist dürftig: Muttersprachenberatung wird überwiegend von unterfinanzierten Privatinitiativen angeboten, die Wartelisten für Therapien sind lang.

Für die Zukunft empfiehlt die Studie, verlässliches Material zu sammeln, wie Asylberechtigte die Integration in Österreich erleben. Derzeit fehlt es an Langzeitstudien. Fest steht aber, dass die Integration in jenen Ländern, in denen Asylsuchenden der Zugang zum Arbeitsmarkt offensteht, besser gelingt.

SPÖ und ÖVP haben sich in der vergangenen Legislaturperiode gegen eine Arbeitsmarktöffnung gewehrt. Dies sorgt immer wieder auch für parteiinterne Kritik. So traten etwa die SPÖ-Gewerkschafter, aber auch die ÖVP-dominierte Wirtschaftskammer als Befürworter eines Arbeitsmarktzuganges für Asylsuchende auf. (Maria Sterkl, derStandard.at, 16.10.2013)