Eine Argentinische Schabe mit dem demnächst in den USA erwerbbaren Elektronikbausatz auf dem Rücken.

Foto: http://www.backyardbrains.com

Mit einem Smartphone lässt sich das Tier ganz einfach aus der Ferne dirigieren.

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Ann Arbor / Wien - Bei der TEDx-Konferenz Anfang Oktober in Detroit, auf der allerlei Neuigkeiten aus der Welt des Wissens vorgestellt wurden, war sie einer der Stars: Ein eigenwilliges kleines Mischwesen aus Tier und Maschine namens RoboRoach#13 krabbelte am Boden des Konferenzsaals etwas verwirrt umher.

Der Cyborg - die Kurzbezeichnung für solche Mischwesen - war eine rund fünf Zentimeter große Argentinische Schabe, die eine Art elektronischen Minirucksack auf dem Rücken trug. Und der wiederum war dafür verantwortlich, dass sich das Insekt nicht eigenmächtig durch den Raum bewegte, sondern von einem Handy ferngesteuert wurde: Je nachdem, in welche Richtung der Finger am Touchscreen wischte, lief das Tier nach links oder rechts.

RoboRoach #13 ist freilich kein einmaliges Experiment, sondern soll ab November von der Firma Backyard Brains in den USA über das Internet vertrieben werden, als einfacher neurobiologischer Bausatz zum Selbermachen um 99 US-Dollar inklusive lebender Schabe. Die Intention ihrer Entwickler Greg Gage und Tim Marzullo, zwei Ingenieuren und Neurobiologen mit Firmensitz in Ann Arbour in Michigan: Sie wollen mit ihrem Start-up Lernmaterialien rund um das Gehirn bereitstellen und so Schülern ab zehn Jahren neurobiologische Grundlagen näherbringen.

Erste Prototypen der Cyborg-Schabe entstanden bereits vor mehr als zwei Jahren. Inzwischen gibt es auch eine Bastelanleitung im Netz: Für das Do-it-yourself- Experiment muss das Insekt zunächst in Eiswasser betäubt werden. Dann wird die Elektronik angebracht. Dazu wird eine Leitung in den Thorax des Insekts eingeführt und zwei dünne Silberelektroden in die Antennen der Schabe. So lässt sich dann über eine Bluetooth-Verbindung steuern, welche elektrischen Impulse die Fühler der Schabe erhalten.

Gage und Marzullo holten sich im Juni über Crowdfunding bei Kickstarter mehr als 12.000 US-Dollar, was damals schon für ethische Kontroversen sorgte. Die Präsentation bei TEDx und die bevorstehende Auslieferung der ersten Bausätze führte zu einer neuerlichen Intensivierung der Diskussion. So etwa kritisierte der Philosoph und Ethiker Michael Allen Fox von der kanadischen Queen's University in ScienceNow, dass RoboRoach eine falsche Botschaft aussenden könnte: Amateure würden aufgrund von RoboRoach dazu motiviert, an lebenden Organismen invasiv herumzubasteln.

Gage und Marzullo sehen die Sache naturgemäß etwas gelassener, auch wenn sie mit einer Flut von Protest-E-Mails konfrontiert sind. Die Tiere könnten auch ohne Antennen immer noch viele Dinge tun, die sie gerne tun: "Babys machen, fressen und kacken." (Klaus Taschwer, DER STANDARD, 15.10.2013)