Während die Zahl der Menschen, die sich in Österreich freiwillig engagieren, leicht steigt, bleibt die Summe der dabei geleisteten Arbeitsstunden in etwa gleich. Rund 14,7 Millionen Stunden widmen rund 3,3 Millionen Österreicher in der Woche ehrenamtlichen Tätigkeiten (siehe Grafik). Das sind rund 46 Prozent der Menschen ab dem Alter von 15 Jahren. Der Freiwilligenbericht von 2006/07 führte noch 43 Prozent freiwillige Helfer an. Die Summe der aufgewandten Stunden war damals die Gleiche.
Am Wochenende sollen bis zu 1000 neue Engagierte dazukommen – so hoffen die Organisatoren der zweiten Freiwilligenmesse im Wiener Museum für angewandte Kunst, bei der 73 gemeinnützige Einrichtungen aus den Bereichen Soziales, Bildung oder Kultur, Migration, Jugend und Senioren vertreten sind.
Erste Freiwilligenmesse 2012
Die erste Freiwilligenmesse 2012 übertraf alle Erwartungen: "Wir wären schon froh gewesen, wenn 2000 Leute erschienen wären" , sagte Michael Walk, Initiator der Veranstaltung. Schließlich wurden es 4500 Besucher. Etwa 600 davon entschieden sich für freiwilliges Engagement.
Österreich spielt mit seiner Freiwilligenquote im Europavergleich "in der Oberliga" , sagt Edeltraud Glettler, Leiterin der Abteilung für sozialpolitische Grundsatzfragen im Arbeits- und Sozialministerium. Es liege etwa gleichauf mit den Niederlanden oder Schweden; Länder mit niedriger Arbeitslosenquote hätten immer auch höhere Freiwilligenquoten.
Weniger Stunden
Von Organisationen wie Caritas oder Rotem Kreuz heißt es unisono, dass sich nach wie vor genug Leute bei ihnen für ehrenamtliche Tätigkeiten melden. Die Zahl der Stunden, die sie dabei zu leisten bereit sind, nimmt laut Gerald Schöpfer, Präsident des Österreichischen Roten Kreuzes, aber ab. "Das hängt mit der beruflichen Situation zusammen" , meint er.
Die rund 70.000 Freiwilligen des Roten Kreuzes haben im Vorjahr in Österreich immerhin etwa 10,6 Millionen Arbeitsstunden absolviert. Laut Schöpfer entspricht das einem Wert von fast 280 Millionen Euro.
Trend zu projektbezogener Arbeit
Glettler vom Sozialministerium sieht einen Trend hin zu projektbezogener Arbeit, die nur für einen gewissen Zeitraum absolviert wird. Diese Beobachtung kann Petra Mühlberger, bei der Caritas Wien für Freiwilligenarbeit zuständig, bestätigen: "Es geht mehr dahin, dass Leute ihre Kompetenzen zum Beispiel für ein halbes Jahr in ein Projekt einbringen wollen" , sagt sie. Altersmäßig sieht Mühlberger keine Differenzen bei der Freiwilligenbereitschaft. Bei den Jungen sei aber derzeit thematisch ein klarer Trend erkennbar, sich im Integrations- und Asylbereich einbringen zu wollen.
Allerdings lässt sich an den Zahlen, über die das Sozialministerium verfügt, ablesen, dass die Zahl der älteren Freiwilligen steigt. "Das liegt an der Demografie und daran, dass die Menschen länger fit bleiben" , meint Glettler. Sie sieht – vor allem in Großstädten, die international gesehen eher von einem Freiwilligenschwund betroffen sind als der ländliche Bereich – vor allem noch Potenzial bei Senioren und Menschen mit Migrationshintergrund – wobei Letztere auch mehr im informellen Rahmen freiwillig helfen.
Für soziale Einbindung
Arbeitspsychologin Martina Molnar sagt, ehrenamtliches Engagement sei deshalb auch in wirtschaftlich schwierigen Zeiten wichtig für Menschen, weil es dabei darum gehe, Anerkennung zu finden, sozial eingebunden zu sein und seinem Leben einen gewissen Sinn zu geben. "Es kann auch ein Ausgleich zur Arbeit sein" , sagt Molnar. Jedenfalls zeige das den Arbeitgebern, dass für Arbeitnehmer nicht nur die von außen angeregte Motivation (in Form von Geld) eine Rolle spiele, sondern offenbar auch ein von innen kommender Arbeitsantrieb. (Ramona Hampp, Gudrun Springer, DER STANDARD, 12./13.10.2013)