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Javier Figueroa, der ehemalige Kripo-Chef aus Guatemala, vor Gericht in Ried. In seinem Schlusswort bat er die Geschworenen vergeblich um einen Freispruch.

Foto: APA/rubra

Ried im Innkreis - Er sei einfach „zur falschen Zeit am falschen Ort" gewesen", sagte sein Pflichtverteidiger. Der Ex-Kripo-Chef der guatemaltekischen Polizei, Javier Figueroa, beteuerte zum Ende des Beweisverfahrens erneut seine Unschuld.

Er sei nicht 2006 an der außergerichtlichen Hinrichtung von sieben Häftlingen im Gefängnis Pavon beteiligt gewesen. Er habe erst nach seiner Flucht aus der Heimat „in Österreich erfahren, dass Dinge passiert sind, die illegal waren. Ich habe damit aber nichts zu tun", beteuerte er zum Schluss am Landesgericht Ried im Innviertel.

An 13 Verhandlungstagen wurden minutiös die Geschehnisse in den frühen Morgenstunden des 25. September 2006 aufgearbeitet, als Militär und Polizei in einer Großaktion versuchten, nach Jahren wieder die staatliche Kontrolle über die Haftanstalt zurückzugewinnen. Sogar der seinerzeitige Staatspräsident von Guatemala, Oscar Berger, trat in den Zeugenstand  – und entlastete den per internationalem Haftbefehl Ausgeforschten. 

Flucht

Weil Figueroa „der Korruption die Stirn geboten" habe und nicht weil er angeblich an der illegalen Erschießung mitgewirkt habe, machte sich „sein Beamter" laut Berger in der Heimat Feinde. Aus Angst um sein Leben floh Figueroa  2007 nach Österreich, erhielt hier Asyl und lebte seitdem mit Frau und drei Kindern unerkannt nahe Ried.

Ganz anders stellte sich der Fall für die Anklagebehörde dar. Die Staatsanwältin verwies auf Zeugenaussagen, die einen anderen Eindruck von den Vorkommnissen im Gefängnis ergeben und die sich „wie Puzzleteilchen" zusammenfügen würden. So zweifelte sie nicht an der Schuld des Ex-Kripo-Chefs. Er sei in ihren Augen ein „hervorragender Schauspieler", fasste sie zusammen.

Kein faires Verfahren

Gemäß der europäischen Menschenrechtskonvention konnte der anerkannte Flüchtling trotz internationalen Haftbefehls schon zum Prozess nicht in seine Heimat ausgeliefert werden, da ihn dort kein faires Verfahren erwartet hätte. Deshalb kam er in Ried vor Gericht, und Österreich setzte erstmals internationale Gerichtsbarkeit um.

Nach mehrstündiger Beratung der Geschworenen wurde Javier Figueroa freigesprochen. Die Staatsanwaltschaft gab keine Erklärung ab, das Urteil ist somit nicht rechtskräftig. Der Wahrspruch der Geschworenen erfolgte 6 zu 2. Unmittelbar nach der Urteilsverkündung brach der ehemalige, hochrangige Polizist aus Guatemala erleichtert in Tränen aus und fiel seinen Angehörigen, die den Prozess verfolgt hatten, in die Arme.

Bei einem Schuldspruch hätte der Angeklagte nicht automatisch den Asylstatus verloren. Allerdings wäre mit großer Wahrscheinlich das Asylverfahren neu aufgerollt worden. (Kerstin Scheller, DER STANDARD, 11.10.2013)