Wien – Spar prallt mit seinen Beschwerden gegen die Hausdurchsuchungen der Wettbewerbsbehörde ab. Der Unabhängige Verwaltungssenat Salzburg hat diese zur Gänze als unzulässig zurückgewiesen. Das geht aus dem aktuellen Bescheid der Behörde hervor, der dem Standard vorliegt.

Gut acht Monate währt das Kräftemessen des Konzerns mit den Kartellwächtern rund um den Verdacht auf Absprachen mit Konkurrenten und Lieferanten. Spar stattete sich nach ersten Razzien mit einer Armada von Anwälten aus. Die Behörden wiederum sparten in der Öffentlichkeit nicht mit emotionalen Ermittlungsdetails.

Die aufgeheizte Stimmung gipfelte in Beschwerden bei Verwaltungssenaten in Kärnten und Salzburg, Spionagevorwürfen, Anrufung der Datenschutzkommission und Anzeigen wegen übler Nachrede. Eine Schadenersatzklage gegen die Republik ist in Arbeit.

Etappensieg für die Behörde

110 Seiten dick ist das Konvolut, das der Behörde einen wesentlichen Etappensieg bringt und erhellende Einblicke in Hausdurchsuchungen gibt: Von verlorenen Tresorschlüsseln ist da die Rede, von unzureichenden Speichermedien, stundenlangen vergeblichen  Kopierversuchen und mit ausradierbarem Stift verfassten Protokollen, bis hin zu von Spar eigens vorbereiteten, mit der Aufschrift "Versiegelt" versehenen Stempeln  und der Beschattung jedes einzelnen Beamten auf Schritt und Tritt.    

Klar rechtswidrig war die Ende Jänner beginnende Razzia, klagte Spar, weil sie länger als nötig dauerte, die Interessen der Betroffenen nicht größtmöglich wahrte, auch Betriebe einbezog, für die der Durchsuchungsbefehl nicht galt – vor allem aber viele rechtlich unvereinbaren Handlungen in sich barg. Als Beispiel führt die Handelskette etwa an, dass Datenmaterial beschlagnahmt wurde, mit dem sich, auf Seiten ausgedruckt, viermal die Erde umrunden ließe.

Die Wettbewerbsbehörde führt an, dass das gesamte Verhalten der Spar darauf angelegt war, die Durchsuchung zu behindern und Unterlagen zu versiegeln. Immer wieder habe der Konzern ihre Herausgabe verweigert. In der Zentrale sei man offenbar auf die Razzia vorbereitet gewesen: Unmittelbar nach Eintreffen der Ermittler rollte ein Einkaufswagerl heran, mit Diktiergeräten, Formularen, Blöcken und Klemmbrettern für Mitarbeiter, die die Beamten fortan als "Schatten“ begleiteten.

Unglücklich auf beiden Seiten

"Der Bescheid spricht für sich", sagt eine Sprecherin der Kartellbehörde, "die Ermittlungen nehmen weiter ihren Lauf." Bei Spar wiegelt man die Niederlage ab, es gehe hier nur um eines von vielen Rechtsmitteln, zu denen gegriffen wurde, erläutert Konzernsprecherin Nicole Berkmann. Die wirklich gravierenden Vorfälle habe es zudem erst bei der zweiten Durchsuchung in Kärnten gegeben, gegen die sich Spar ebenso wehrt.

Für den Wifo-Experten Michael Böheim ist die ganze Aktion auf beiden Seiten unglücklich verlaufen. Dass Spionagesoftware mit dabei gewesen sein soll, klingt für ihn absurd. Im Falle hoher Marktkonzentration müssten Branchen wie der Lebensmittelhandel aber immer "den heißen Atem der Behörde im Nacken spüren". Er hofft auf Gerichtsverfahren statt niedriger Bußgelder. Verurteilte Konzerne gehörten an den Pranger. (Verena Kainrath, DER STANDARD, 11.10.2013)