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Sekunden vor dem tödlichen Schuss: Placanica zielt mit seiner Waffe auf Demonstranten

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Mario Placanica

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Rom - Der italienische Polizist Mario Placanica, der bei den Krawallen am Rande des G8-Gipfels in Genua im Juli 2001 den Globalisierungskritiker Carlo Giuliani erschossen hat, ist bei einem Autounfall schwer verletzt worden. Der 22-jährige Polizist fuhr mit seinem neuen Wagen in der Nähe seiner Heimatstadt Catanzaro (Kalabrien), als das Auto plötzlich außer Kontrolle und ins Schleudern geriet. Das Auto prallte gegen einen Baum am Straßenrand, Placanica wurde schwer verletzt. Die Ärzte schließen nicht aus, dass er den Rest seines Lebens in einem Rollstuhl verbringen könnte.

Der Autounfall sorgt für heftige Diskussionen und Spekulationen in Italien, wo die Polemik rund um den G-8-Gipfel weiterhin für politische Spannungen sorgt. Der Rechtsanwalt Placanicas, Vittorio Colosimo, schloss nicht aus, dass sein Mandant Opfer einer Sabotage sein könnte. "Placanica hatte den Verdacht, dass jemand sein Auto kontrolliere", so der Rechtsanwalt. Laut Placanica sei das Auto auf unbegreifliche Weise außer Kontrolle geraten. "Das Lenkrad reagierte plötzlich nicht mehr", so der Rechtsanwalt, der Experten beauftragt hat, den Wagen zu überprüfen.

Fünf verschiedene Versionen

Der Vater des erschossenen Globalisierungskritikers, Giuliano Giuliani, vermutet, das Placanica Opfer eines Attentats sei. "Placanica kennt die Wahrheit um den Mord meines Sohnes. Er sollte endlich die Wahrheit sagen, er schwebt in Lebensgefahr. Um die Hintergründe des Mordes ist viel Unwahres erzählt worden. Placanica hat fünf verschiedene Versionen erzählt, doch keine ist klar", betonte Giuliani. Der Polizist hatte in den vergangenen Wochen öfters erklärt, "Racheaktionen" zu befürchten.

In Kreisen der Globalisierungskritiker vermutet man, dass Placanica gezwungen worden sei, die Hintergründe der Tat zu verschweigen, um die Polizei nicht unter Druck zu setzen, die von der Linken für die schweren Krawallen in Genua verantwortlich gemacht wird. Die Rechte vermutet dagegen, dass Placanicas Auto von Globalisierungskritikern aus Rache sabotiert worden sei.

Freispruch

Placanica war im Mai vom Vorwurf des Mordes freigesprochen worden, weil er laut Richtern aus Notwehr auf den Globalisierungskritiker geschossen hatte, der mit anderen vermummten Demonstranten mit einem Feuerlöscher in der Hand sein Polizeiauto gestürmt hatte. Die Familie Giuliani und die Sprecher der italienischen Anti-Globalisierungs-Bewegungen hatten verbittert auf diesen Freispruch reagiert.

Mit Absicht Feuer eröffnet

"Mit diesem Beschluss wird die Polizei von jeglicher Verantwortung für die schweren Krawalle in Genua entlastet", hatte der Chef der italienischen No Global-Bewegung, Vittorio Agnoletto, betont. Seiner Ansicht nach habe Giulianis Mörder mit Absicht das Feuer auf den Demonstranten eröffnet, ohne vorher vorschriftsgemäß in die Luft zu schießen. Laut dem Rechtsanwalt der Familie Giuliani, Giuliano Pisapia, habe sich das Opfer nicht so bedrohlich verhalten, dass dies den tödlichen Schuss in den Kopf gerechtfertigt hätte.

Rückendeckung durch Berlusconi

Placanica, der weiterhin als Polizist tätig ist und sich nach der Tat psychisch noch nicht erholt hat, hatte Giulianis Eltern um Verzeihung gebeten. Die Polizei war wegen der ihr vorgeworfenen Brutalität bei den Demonstrationen am Rande des G-8-Gipfels stark unter Druck geraten, hatte jedoch stets von der Regierung Silvio Berlusconis Rückendeckung erhalten. Die Polizei habe korrekt gehandelt, um das Eindringen der Globalisierungsgegner in das Gelände, auf dem der G-8-Gipfel stattfand, zu verhindern. (APA)