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Angehörige der Opfer in Mosdok trauern nach dem verheerenden Anschlag auf das Militärspital. Mindestens 50 Menschen starben.

Foto: APA/EPA/Yuri Kochetkov
Kriminell", "unmenschlich", "grausam": Die Wortwahl des russischen Präsidenten Wladimir Putin wirkt schlüssig, wenn man sich Ausmaß und Art des Anschlagziels der Terrorattacke vom Freitag vor Augen führt. Fünfzig Soldaten starben in einem Spital in Nordossetien - und obwohl es noch kein Bekenntnis der Hintermänner des Attentats gibt, wird Moskau mit der Vermutung, dass es sich bei ihnen um tschetschenische Rebellen handelte, wohl nahe an der Wahrheit sein.

Seit Ende 2002 fielen Hunderte Zivilisten und Soldaten solchen Anschlägen zum Opfer - über die exakte Zahl derer, die tagaus, tagein in Tschetschenien selbst sterben, gibt es allenfalls Vermutungen. Für Putin ist das Attentat ein zweifaches Menetekel: Es demonstriert den Russen erneut, dass der Präsident, der vollmundig versprochen hatte, das Tschetschenienproblem ein für alle Mal zu lösen, angesichts von Selbstmordattentaten wie in Mosdok so gut wie hilflos ist. Der Versuch Moskaus, untergeordnete Chargen, die die Sicherheitsvorkehrungen nicht beachtet hätten, für das Gelingen des Anschlags verantwortlich zu machen, ist fadenscheinig und unglaubwürdig zugleich.

Zugleich zeigt das Attentat aber auch, dass Putins Versuche einer politischen Lösung auf tönernen Beinen stehen. Nach einem im März unter zweifelhaften Umständen abgehaltenen Referendum, bei dem sich angeblich 96 Prozent der Tschetschenen für einen Verbleib in der Russischen Föderation aussprachen, sollen im Oktober Präsidentenwahlen folgen, mit denen der separatistische Aslan Maschadow durch einen Kreml-Gefolgsmann ersetzt werden soll. Dass dieser Schachzug zu einer Entschärfung der Krise führen könnte, ist Wunschdenken geblieben: Er scheint im Gegenteil den harten Kern der tschetschenischen Rebellen erst recht zum Bomben zu animieren. (DER STANDARD, Printausgabe, 4.8.2003)