Gorbach: "Den ÖBB-Mitarbeitern, die nicht in diese Gesellschaft wechseln wollen, soll die Kündigung drohen."

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Karikatur

Karikatur: Oliver Schopf
Wien - "Es muss bei den ÖBB eine Dienstrechtsänderung geben. Unter Angabe von konkreten Gründen soll es bei den ÖBB Kündigungen geben können". Dies bekräftigte der mit der Bahnreform betraute ÖVP-Verkehrsstaatssekretär Helmut Kukacka. Die konkreten Pläne zur Änderung des Dienstrechtes sollen spätestens bis Ende September vorgelegt werden. Unabhängig davon soll es laut Kukacka "in marginalen Bereichen auch Frühpensionierungen aus betrieblichen Gründen" geben.

Die ÖBB können, wie berichtet, Mitarbeiter unabhängig vom Alter und ohne gesundheitliche Gründe frühpensionieren, wenn diese im Dienst nicht mehr eingesetzt werden können. Ob dieses Privileg der ÖBB im Rahmen der Dienstrechts aus dem Bundesbahnpensionsgesetz gestrichen werden soll, wird laut Kukacka noch diskutiert.

Frühpensionierungen oder Kündigungen notwendig

Ohne Frühpensionierungen oder Kündigungen seien "die Ziele der Bahnreform nicht zu erreichen", meint Kukacka. Nachsatz: "Wenn im Rahmen der Bahnreform die Finanzierungsgarantie des Bundes nach Paragraf 2 des Bundesbahngesetzes fällt und das Dienstrecht nicht geändert wird, könnten die ÖBB in Konkursgefahr geraten."

Im Ö1-Morgenjournal widersprach FP-Verkehrsminister Hubert Gorbach Kukackas Befürchtungen: "Konkurs für die ÖBB wir es sicherlich keinen geben." Ansonsten stimmen der Minister und der Staatssekretär aber überein, dass bei den ÖBB bis 2010 bis zu 12.000 der derzeit 48.000 Mitarbeiter abgebaut werden müssten - 7.000 über Nicht-Nachbesetzungen, der Rest über Auslagerung von Mitarbeitern in eine Personalleasinggesellschaft.

Rechtliche Probleme

Das rechtliche Problem: Um den Kündigungsschutz bei den ÖBB zu lockern, müssten Verträge für rund 42.500 Bahnbedienstete geändert werden. Anders als bei anderen Beamten ist die Pragmatisierung bei rund 90 Prozent der ÖBB-Bediensteten in den jeweiligen privatrechtlichen Einzelverträgen geregelt.

Ob diese per Gesetz geändert werden können, sei fraglich. Bisher sei in Österreich noch nie von Gesetzes Wegen in privatrechtliche Vereinbarungen eingegriffen worden, betonte ÖBB-Sprecher Andreas Rinofner. Die Entscheidung darüber, ob ein Eingriff in die ÖBB-Dienstverträge rechtens ist, würde dann voraussichtlich der Verfassungsgerichtshof (VfGH) treffen. Dieser habe sich zuletzt "mit gewissen Vorbehalten" über einen derartigen Eingriff geäußert, sagt Rinofner.

Für den Verfassungsrechtler Heinz Mayer ist ein gesetzlicher Eingriff in die privatrechtlichen Einzelverträge der ÖBB grundsätzlich möglich. "Prinzipiell kann der Gesetzgeber bei öffentlichem Interesse in privatrechtliche Verträge eingreifen, wenn er dabei Maß hält", so Mayer. Eine Variante wäre eine Kündigung, wenn ein Mitarbeiter nicht bereit sei, zu einer anderen ÖBB-Tochter - etwa auch in die geplante Personalgesellschaft - zu wechseln. (red, APA, Der Standard, Printausgabe, 06.08.2003)