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Sozialdemokraten-Chef Bohuslav Sobotka will "für einen gut funktionierenden Staat" kämpfen.

Foto: APA/ EPA / Filip Singer

Schlüsselfaktoren sind Präsident Miloš Zeman und die Sozialdemokraten, sagt Bureš im Gespräch mit dem STANDARD.

STANDARD: Bei den tschechischen Parlamentswahlen wird ein deutlicher Sieg der Linken erwartet. Die Regierungsbildung könnte dennoch kompliziert werden, unter anderem weil die Kommunisten (KSČM) als extrem unreformiert gelten. Zu Recht?

Bureš: Eine gewisse Transformation gab es schon. Zum Beispiel spielen hohe Funktionäre aus der Zeit vor 1989 in der Partei heute keine führende Rolle mehr. Aber die Mitgliederbasis ist zum Teil relativ radikal. Zum Beispiel gab es in den 1990ern den Versuch, das Wort "kommunistisch"  aus dem Parteinamen zu streichen. Die Basis hat das in einem parteiinternen Referendum abgelehnt.

STANDARD: Deshalb konnten sich die Reformer in der Partei nie durchsetzen?

Bureš: Es gibt auch historische Gründe. Überall anders in Mittel-Ost-Europa wandelten sich die Kommunisten nach 1989 und übernahmen damit die Rolle der gemäßigten Linken. In Tschechien spielten diesen Part die Sozialdemokraten, die schon eine lange Tradition mit Wurzeln in der Habsburgermonarchie hatten. Die Kommunisten konnten also nur radikal bleiben, wenn sie ihre Existenz rechtfertigen wollten.

STANDARD: Richtig erfolgreich wurden die Sozialdemokraten (ČSSD) aber erst unter ihrem Parteichef Miloš Zeman, dem heutigen Präsidenten.

Bureš: Anfangs litt die Sozialdemokratie darunter, dass die Gegner der großen Wirtschaftsreformen lieber gleich die Kommunisten wählten. Zeman hat dann erkannt, dass die ČSSD zwar nicht die Privatisierungen an sich radikal kritisieren kann, sehr wohl aber konkrete Fehler und offene Betrügereien. Zeman wurde zum lautesten Kritiker des damaligen Premiers Václav Klaus.

STANDARD: Zeman verließ die Partei 2007 im Streit, mittlerweile hat er mit seiner Partei der Bürgerrechte (SPOZ) sogar eine eigene Plattform. Wird das den Sozialdemokraten schaden?

Bureš: Man könnte sich tatsächlich nur schwer vorstellen, dass sich in Österreich die SPÖ völlig mit Franz Vranitzky überwirft. Heute wird oft gesagt, dass die ČSSD in Anhänger und Kritiker Zemans gespalten ist, doch das stimmt nicht ganz. Insgesamt genießt Zeman in der Partei großen Respekt. Einige Leute aber, etwa Vizevorsitzender Michal Hašek, haben große Machtambitionen. In der Auseinandersetzung mit Parteichef Bohuslav Sobotka dient ihm sein Naheverhältnis zu Zeman als Mittel zum Zweck.

STANDARD: Die Spannungen in der ČSSD sind also eher persönlicher als inhaltlicher Natur?

Bureš: In den politischen Prioritäten unterscheiden sich Sobotka und Hašek überhaupt nicht. Aber Hašek weiß, dass vor allem die mittlere und ältere Generation in der Partei Zeman unterstützt, und das kann ihm bei einer Vorsitzdebatte helfen. Die meisten sozialdemokratischen Wähler verstehen die Distanzierung von Zeman ja nicht. Für sie haben er und die Partei dieselbe Blutgruppe.

STANDARD: Welche Rolle spielt die SPOZ eigentlich für Zeman?

Bureš: Ich glaube, sie diente Zeman vor der Präsidentschaftswahl sozusagen als Wahlkampfteam. Für die Durchsetzung seiner politischen Ziele kann sie aber keine Schlüsselrolle spielen, solange sie schwach bleibt. Als Realist weiß Zeman, dass er seine Positionen nur gemeinsam mit einer Linksregierung durchsetzen kann, die von der ČSSD angeführt wird. Zeman ist da sehr pragmatisch. Sollte die SPOZ nicht ins Parlament kommen und Zeman noch einmal kandidieren wollen, wird er sich wahrscheinlich bemühen, offizieller Kandidat der ČSSD zu werden. (Gerald Schubert, DER STANDARD, 10.10.2013)