"Als Botschafterin bringe ich das Turnier von Linz in die Welt", sagt Barbara Schett.

Foto: matchmaker.at

Schett und Petkovic bei der Stiefelprobe.

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Interview am Platz mit Ivanovic.

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derStandard.at: Sie sind die offizielle Turnierbotschafterin der Generali Ladies - welche Aufgaben nehmen Sie da wahr?

Schett: Einfach das Turnier nach außen, in die Welt zu bringen. Wenn ich bei den Grand-Slam-Turnieren bin, spreche ich mit Spielerinnen und mache Werbung für Linz. Während der Turnierwoche bin ich quasi Mädchen für alles: Ich führe die Interviews am Platz nach dem Match, kommentiere für Eurosport, kümmere mich um die Spielerinnen und Sponsoren.

derStandard.at: Drei Österreicherinnen waren beziehungsweise sind im Hauptbewerb vertreten. In der Qualifikation setzte es vier glatte Niederlagen für junge ÖTV-Spielerinnen. Besteht ein Problem mit der Qualität des Nachwuchses?

Schett: Es ist kein Geheimnis, dass es im österreichischen Damentennis bei den Jungen nicht so wahnsinnig rosig  aussieht - auch bei den Herren nicht, abgesehen von Dominic Thiem. Es kommen nicht allzu viele Talente nach. Man muss aber auch sehen, dass die Qualifikation heuer in Linz sehr stark besetzt war. Es lastet dann auch ein gewisser Druck auf den Spielerinnen, die mit einer Wildcard bedacht wurden. Die Nerven spielen eine Rolle, wenn man es nicht gewohnt ist, bei solch einem großen Turnier an den Start zu gehen. Somit wäre es schon eine Überraschung gewesen, wenn sich eine heimische Nachwuchshoffnung durch die Qualifikation gebissen hätte.

derStandard.at: Publikumsmagneten wie Tamira Paszek und Ex-Wimbledon-Siegerin Petra Kvitova mussten schon vor dem Turnier absagen - sind die Athletinnen überspielt?

Schett: Ich denke, es ist zu diesem Zeitpunkt der Saison ganz normal, dass nicht mehr alle Topspielerinnen völlig fit sind. Immerhin sind sie zehn Monate im Jahr auf der WTA-Tour unterwegs und trainieren während dieser Zeit täglich. Speziell gegen Ende der Saison machen ihnen dann Verletzungen zu schaffen. Petra Kvitova möchte sich sicher für das Masters Ende des Jahres in Istanbul auskurieren und vorher nichts riskieren.

derStandard.at: Sie kennen viele der Athletinnen in Linz persönlich. Welche Spielerinnen trainieren besonders hart oder sind oft in der Kraftkammer anzutreffen?

Schett: Bei einem Hallenturnier sind die Kapazitäten etwas begrenzt, es gibt nicht viele Plätze, auf denen man stundenlang trainieren kann. Angie Kerber habe ich gestern schon um 8 Uhr früh auf der Trainingsanlage gesehen, Andrea Petkovic ist auch so eine Spielerin, die im Fitnessbereich sehr hart an sich arbeitet. Jede Athletin weiß selbst, welches Pensum erforderlich ist, um erfolgreich zu sein. Die beiden Genannten gehören sicher zu jenen im Teilnehmerfeld, die am meisten trainieren. Und ich würde es persönlich gerne sehen, wenn sie im Finale aufeinandertreffen.

derStandard.at: Wie ist es um die Ausgeglichenheit in der derzeitigen Weltspitze bestellt?

Schett: Bei den Damen verhält es sich sicher so, dass abgesehen von Serena Williams, Scharapowa und Asarenka jede jede besiegen kann. Man sieht es gut an den letzten Grand-Slam-Ergebnissen, dass sich immer wieder neue Gesichter durchschlagen, zuletzt einige Italienerinnen. Bei den Männern herrscht ebenso eine unglaubliche Dichte, wenngleich es keinen eindeutigen Dominator wie Serena Williams bei den Frauen gibt - sie ist wirklich eine Ausnahmeerscheinung. Im Herrentennis ist vieles offen. Ich hoffe, dass Dominic Thiem an seine Leistung in der Wiener Stadthalle anknüpfen kann. Letztes Jahr hat er wirklich gezeigt, dass er dort mitmischen kann. 

derStandard.at: Auch Linz hat sich schon bemüht, Serena Williams zu verpflichten. Einmal stand sie kurz vor einem Antreten, sagte jedoch im letzten Augenblick ab. Wird die Turnierorganisation sie wieder zu ködern versuchen?

Schett: Serena hier zu haben wäre wirklich ein Traum, ist aber ein schwieriges Unterfangen - vor allem aus finanzieller Sicht. Da müsste schon ein zusätzlicher Sponsor einsteigen, um das zu realisieren. Als Nummer eins der Welt wäre sie natürlich die Krönung für jedes Turnier, ihre Schwester Venus hat bereits in Linz gespielt.

derStandard.at: Sie waren während ihrer aktiven Karriere eine ausgezeichnete Doppelspielerin. Hierzulande fristet das Doppel eher ein stiefmütterliches Dasein. Würden sie dem Nachwuchs empfehlen, mehr Doppel zu spielen, um daraus auch Vorteile für das Einzel zu ziehen?

Schett: Ich habe von meinen vielen Einsätzen im Doppel definitiv auch im Einzel profitiert. Aufschlag, Return und Volley kann man dabei hervorragend trainieren. Wenn Spieler, die sich ansonsten aufs Einzel konzentrieren, zu zweit antreten, sind sie meist entspannter. Es fällt einiger Druck weg, wenn man den ganzen Stress mit jemandem teilen kann. Ein gutes Doppel ist auch Unterhaltung pur für die Zuschauer. Leider wird es in Europa ein wenig vernachlässigt. Wenn man in den USA, England oder Australien einem Doppel zuschaut, sind die Ränge dort meistens voll. Gerade im Breitensport oder im fortgeschrittenen Alter ist es doch nett, sich ein Doppel auszumachen und anschließend bei einem Kaffee zusammenzusitzen.

derStandard.at: Spielerinnen wie Scharapowa und Asarenka sind für ihre Lautstärke auf dem Platz berüchtigt. WTA-Chefin Stacey Allaster überlegt seit längerem die Einführung eines Stöhn-Messgeräts, um eine Beeinträchtigung während des Matches anzuzeigen ...

Schett: Ich hatte früher selbst mit Gegnerinnen zu tun, die auf dem Platz sehr laut gestöhnt haben, eine Monica Seles zum Beispiel, und es störte mich nicht. Wenn man als Gegnerin am Platz steht, ist der Fokus so sehr auf dem eigenen Spiel, dass man sein Gegenüber oft gar nicht hört. Unangenehm ist es wohl nur für die Zuschauer oder das Fernsehpublikum. Wichtig ist, dass die Trainer jungen Spielerinnen mitgeben, beim Ausatmen während des Schlages nicht zu viel Lärm zu machen. Es handelt sich um eine Angewohnheit, die sich definitiv bereits in der Jugend in den Griff bekommen lässt - man spielt ja deswegen nicht besser Tennis.

derStandard.at: Sie haben in den vergangenenen Jahren angemerkt, manche Athletinnen seien auswechselbar geworden in ihrer Performance oder dem Erscheinungsbild. Welche Spielerin im Turnier überzeugt Sie denn mit ihrer Spielstärke und Persönlichkeit?

Schett: Ich finde es gut, wenn ein Turnier wie Linz mit Wettkämpferinnen aufwarten kann, deren unterschiedliche Charaktere sich am Platz widerspiegeln. Da wäre wieder Andrea Petkovic zu nennen, die nicht nur eine tolle Sportlerin ist, sondern auch eine starke Persönlichkeit. Ana Ivanovic ebenso, die fantastisch spielt und gleichzeitig nett und zugänglich geblieben ist. Natürlich sieht sie auch super aus, nicht zu vergessen. Daniela Hantuchova wiederum bewirbt ihre Kalender, die sie zu einem wohltätigen Zweck verkauft.

derStandard.at: Ihr Partner ist ein ehemaliger Tennisprofi, sie haben zusammen einen Sohn von knapp fünf Jahren - wurde ihm das Talent der Eltern in die Wiege gelegt?

Schett: Mein Mann und ich spielen oft miteinander Tennis, da nehmen wir den Kleinen mit. Er spielt schon ein bisschen mit dem Schläger gegen die Wand, geht auch mit uns auf den Platz. Uns ist einfach wichtig, dass er mit viel Sport aufwächst. Wenn er später etwas besonders betreiben will, ist das seine Entscheidung.

derStandard.at: Sie kommentieren nach dem Ende Ihrer aktiven Karriere seit 2005 auf Eurosport hauptsächlich bei Grand-Slam-Turnieren. Ist eigentlich nie der ORF an Sie herangetreten?

Schett: Nein, vom ORF hat mich nie jemand gefragt. Mir scheint es so, als ob es für die Verantwortlichen unvereinbar wäre, jemanden von Eurosport zu engagieren. Ich hingegen würde sehr gern für den ORF tätig werden, sehe ich doch zwischen den beiden Sendern keine direkte Konkurrenz. (Martin Wolf, derStandard.at, 10.10.2013)