Friseure sollten kreativ und kontaktfreudig sein.

 

Foto: DERSTANDARD/Cremer

Sie ist das Sinnbild der vielzitierten "kleinen Frau": die Friseurin. In politischen Debatten wird sie gerne als Mindestlohn-Beispiel angeführt. Trotz der vergleichsweise geringen Verdienstmöglichkeiten beginnen österreichweit jährlich rund 1.800 Jugendliche mit einer Lehre zum Friseur oder zur Friseurin. Vor allem Frauen entscheiden sich dafür. derStandard.at hat sich über die Vor- und Nachteile des Berufs umgehört.

Mindestlohn

Wer Ursula Woditschka von der Verkehrs- und Dienstleistungsgewerkschaft Vida fragt, was sie sich von der Politik wünscht, erntet zunächst ein Lachen. "In den ORF-TV-Runden hat Spindelegger immer gesagt, wir haben eine 38,5-Stunden-Woche. Genau das würden wir uns wünschen." Eine gerechtere Verteilung der Arbeit ist aber nicht ihre einzige Forderung: Die Anhebung des Mindestlohns auf 1.500 Euro brutto ab dem ersten Berufsjahr liegt der Wienerin besonders am Herzen. Derzeit bekommen Fachkräfte nach Ende ihrer Lehrzeit etwa 1.200 Euro.

Kollektivvertraglich ist festgelegt, dass der Lohn bis zum sechsten Berufsjahr auf etwa 1.550 Euro brutto steigt - dann ist aber Schluss. "Wir wollen eine Beschäftigung, von der man leben kann", sagt Woditschka. "Immer mehr Friseure sind von der Armutsgefährdung betroffen. Das kann nicht im Interesse des Staates sein."

Viele Teilzeitkräfte

Erschwerend kommt hinzu, dass viele Betriebe ihre Mitarbeiter hauptsächlich in Teilzeit anstellen. "Gerade kurz nach der Lehrzeit, wenn ich mir etwas aufbauen will, bekomme ich oft keine Vollzeitstelle", beobachtet Susanne Skriwanek, Betriebsrätin in Wien, einen negativen Trend in der Branche. "Viele Friseure haben lange Öffnungszeiten, da sagt sich der Chef, mit Teilzeitkräften komme ich besser zurande." Vielfach wird der Beruf auch immer noch als "Zuverdienst" gesehen: "Gerade mit Kindern ist die Teilzeit natürlich praktisch. Aber da muss auch immer jemand da sein, der Hauptverdiener ist, und zusätzlich brauche ich auch noch eine gute Kinderbetreuung", so Skriwanek.

"Kaum Weiterbildungsmöglichkeiten"

Auch Ursula Woditschka bestätigt, dass Frauen mit zunehmendem Alter aus dem Beruf ausscheiden oder auf Teilzeit umsatteln: "In dem Beruf arbeiten eher jüngere Leute. Mit 35 ist bei den meisten Schluss, die machen sich entweder selbstständig, wechseln die Branche oder werden Hausfrau und Mutter." Gerade die Perspektivenlosigkeit sei es, die viele vertreibe: "Es gibt kaum Weiterentwicklungsmöglichkeiten und nur wenige Aufstiegschancen. Oft handelt es sich um sehr klein strukturierte Betriebe mit wenigen Mitarbeitern, es gibt es wenig Möglichkeiten, Filialleiter oder Stellvertreter zu werden."

Kreativer Beruf

Dass im vergangenen Jahr dennoch rund 1.800 junge Menschen eine Friseurlehre begannen, führt Susanne Skriwanek auf das künstlerische Potenzial des Berufs zurück. "Die Kreativität des Berufs macht ihn attraktiv, man ist auch mit sehr vielen Leuten in Kontakt. Wenn man das gerne macht, kann man auch viel daraus machen, etwa an Shows teilnehmen, auch schon in der Lehrzeit. Man braucht aber schon sehr viel Liebe für seinen Beruf und muss dafür auch teilweise sehr viel von seiner privaten Zeit opfern."

Zu viele Friseurlehrlinge

Generell sei der Beruf überlaufen, stellt Ursula Woditschka fest. "Am Markt sind zu viele Friseure, die sich auch untereinander viel Konkurrenz machen. Man hat sehr schnell die Möglichkeit, dass man sich mit einem eigenen kleinen Geschäft selbstständig macht, und dann gibt es einen weiteren Friseur, der um sein Leben kämpft." Sie fordert eine gewisse Marktbereinigung, auch in Hinblick auf die Situation der Lehrlinge. "Momentan werden überproportional viele junge Menschen ausgebildet, die in weiterer Folge gar nicht benötigt oder durch jüngere Leute ersetzt werden."

Um Friseurinnen und Friseure fitter für den Arbeitsmarkt zu machen, sollte die Ausbildung verbessert werden, so Woditschka. "Die Lehrlinge sollen am Ende ihrer Lehre wirklich selbstständig arbeiten können und ihre Lehrabschlussprüfung bestehen. Hier sind die Unternehmen gefordert, dass man die Lehrlinge nicht nur als billige Hilfskräfte begreift, sondern schaut, dass man ihnen Fähigkeiten wie Haarschnitte, aber auch Maniküren, Rasuren oder das Anfertigen von Haarteilen fundiert vermittelt."

Anspruch steigt

Die Kunden seien anspruchsvoller geworden, meint Woditschka. "Dank Fachzeitschriften sind die Leute  heute sehr gut über die neuesten Trends informiert." Auch nach Ende der Lehrzeit setzt sie auf laufende Weiterbildung: "Gerade wenn wir daran denken, dass Menschen immer länger im Berufsleben stehen sollen und immer mehr Jahre bis zur Pension arbeiten, ist das unumgänglich." (Barbara Oberrauter, derStandard.at, 13.10.2013)