Schaut aus, als ob's schon immer da war und hat eine eigene "Bakery".

Foto: Gerhard Wasserbauer

Das Lokal im neuen Hotel Guesthouse hinter der Oper.

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Foto: Georges Desrues

Die Stühle sind von Oswald Haerdtl, die Kleiderständer von Carl Auböck, und auch sonst sieht die Brasserie des eben eröffneten Guesthouse bei der Albertina ganz danach aus, als ob da jemand seiner Nostalgie für die Wiener Spielart der Moderne ungeniert nachgeben durfte: Tische und Bar aus Marmor, die Täfelung aus dunklem Holz, Sepia-Spiegel, wohin man schaut - nur bei den Deckenlampen konnte Betreiber Manfred Stallmajer nicht anders, als wieder auf Terence Conran zu setzen, der ihm schon Hotel Triest wie auch Café Drechsler ausgestattet hatte.

Für das neue Restaurant hat der britische Designer Messinglampen in Patronen-Ästhetik entworfen. Auch sonst ist das frühere Studentenheim, in dessen Erdgeschoß mit dem Yugetsu einst eines der wenigen echt japanischen Restaurants des Landes untergebracht war, mit Geschmack zu einem sehr persönlich wirkenden Hotel umgebaut worden. Der Blick aus den Zimmern gleitet an Albertina und Oper vorbei über den Karlsplatz bis weit in die Margaretenstraße hinein - viel Himmel hat man da, richtig nobel.

Integrierte Bäckerei

Im Lokal soll es vergleichsweise niederschwellig zugehen, was sich auch in den, für die Adresse moderaten, Preisen manifestiert. Dass Frühstück von halb sieben bis elf Uhr abends serviert wird, ist als Ermunterung an die Party-Crowd zu verstehen.

Dass es - dank einer ins Lokal integrierten Bäckerei - auch ein überaus gepflegtes ist, ebenso: Stallmajer hat sich mit Helmut Gragger von der ums Eck gelegenen Holzofenbäckerei zusammengetan - von dort werden täglich verschiedene, langsam geführte Grundteige angeliefert, die von einer echten Bäckerin vor den Augen der Gäste zu allerhand Flesserln, Flûtes und Weckerln geformt und in einem eigens angeschafften Steinplattenofen (nicht das aus den Supermärkten berüchtigte Heißluftzeugs!) gebacken werden. Na prack - so köstliches Gebäck wird einem sonst kaum wo serviert. Und noch dazu durch Fachkräfte vom Kaliber der zu Recht legendären Frau Edith, die im Kameel schon vermisst worden war.

Einsames Benedict

Von der Frühstückskarte sind die Eggs Benedict zu loben, mit richtig gutem Beinschinken und "feiner Kräutersauce", die zum Glück nur nominell leichter wirkt als echte Hollandaise. Dass die "Eggs" sich auf der Toast-Unterlage nur im Singular manifestieren (und dementsprechend einsam wirken), sollte schleunigst anders werden. "Bachforelle mal zwei" (siehe Bild) ist eine gelungene Vorspeise, für die der Fisch einerseits mit Wacholder, anderseits mit Zitrus mariniert wird und in Kombination mit kühlem Karfiol- und Kürbispüree sowie allerhand knusprigen Körndln und hauchdünn gerösteten Brotscheiben zu Tisch kommt.

Die "Guesthouse-Marmite" ist eine komplexe Kombination aus Safran-Hühnerbouillon, Coco-Bohnen, Petersil-Eistich und, abermals, knusprigen Brotchips - danach geht's einem richtig komfortabel. Ansonsten gibt es aufwändig variierte Salate, gratinierte Brote und ein paar Wiener Klassiker von Schnitzel bis Kalbsgulasch, die wohl eher auf Touristen abzielen. Allemal spannender: zeitgemäße vegetarische Gerichte wie eine fluffig knusprige Kürbispolenta mit knapp gegartem Mangold, Maroni und in Kernöl geknusperten Kürbiskernen. Alles in allem: das erfreulichste Wiener Hotelrestaurant seit langem! (Severin Corti, Rondo, DER STANDARD, 11.10.2013)