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EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström will ihre Grenzschützer von Frontex in Zukunft auch dafür einsetzen, Schiffbrüchigen zu helfen. Wie die kleine Behörde aus wenigen Beamten mit Sitz in Warschau das Mittelmeer checken soll, ist unklar.

Foto: EPA/NICOLAS BOUVY

Straßburg/Luxemburg/Rom - Taucher haben auch am Dienstag vor Lampedusa weitere Leichen gefunden. Damit ist die Zahl der nach der Flüchtlingstragödie vom Donnerstag geborgenen Toten laut den Behörden auf 274 gestiegen - und noch immer werden Dutzende der 518 Menschen auf dem Boot vermisst.

Zur gleichen Zeit versammelten sich am Dienstag die EU-Innenminister in Luxemburg mit EU-Kommissarin Cecilia Malmström, um über mögliche Konsequenzen zu sprechen. Solche dürfte es - was die Regeln der Asyl- und Flüchtlingspolitik beziehungsweise die Aufteilung von Asylsuchenden auf die Mitgliedsländer betrifft - nicht geben. Das machte der deutsche Innenminister Hans-Peter Friedrich klar: "Dublin II bleibt unverändert, selbstverständlich."

Asylanträge nur im Erstland

Hinter "Dublin II" verbirgt sich nicht ein Bezirk in der irischen Hauptstadt. Der Begriff markiert ein Abkommen aus dem Jahr 2003, das den Umgang mit Asylwerbern regelt, erst vor wenigen Monaten modifiziert. Es gilt die Drittstaatenregelung: Jeder Flüchtling kann seinen Asylantrag nur in dem Land stellen, in dem er die Union betreten hat. Das führt dazu, dass die Hauptlast der Flüchtlingsströme vor allem in Griechenland, in Spanien und eben in Italien liegt.

In Deutschland kämen auf eine Million Einwohner 950 Asylwerber, in Italien nur 260, wehrte Friedrich präventiv alle Versuche nach Änderungen im System ab. Solche hatte Italiens Minister Angelino Alfano verlangt. Sein Land brauche einen Hilfsplan und auch Unterstützung bei der Kontrolle seiner Grenzen. Österreichs Innenministerin Johanna Mikl-Leitner schlug sich auf die Seite Friedrichs: Ihr Land stehe an vierter Stelle bei der Asylquote. Änderungen? "Nicht notwendig."

Großoffensive von Frontex

Nötig sei es aber, die Kontrolle von Flüchtlingsbooten im Mittelmeer zu verstärken und die Hilfe für in Seenot geratene Menschen, sagte Kommissarin Malmström. Sie kündigte eine "Großoffensive" der Grenzschutzbehörde Frontex an, "von Zypern bis Spanien". Unterstützung und Mittel erwartet sie dabei von den EU-Staaten.

Experten sehen die Möglichkeiten von Frontex sehr eingeschränkt. Die Behörde hat rund 300 Beamte, deren Aufgabe es ist, die nationalen Behörden bei der Grenzkontrolle zu unterstützen.

Lampedusa hat die Sicherungsmaßnahmen an den EU-Außengrenzen in den Mittelpunkt gerückt, die vor allem ein Hauptziel haben: Flüchtlinge abzuhalten, aber auch den Zustrom von illegaler Migration zu verhindern, Schleppern das Handwerk zu legen wie den Drogen- und Menschenhandel zu bekämpfen.

Eines dieser Systeme trägt den Namen "Eurosur", Abkürzung für "sicheres Europa". Es ist das ein geschütztes Kommunikationsnetzwerk, das von Frontex gemeinsam mit den Behörden der Staaten grenzüberschreitend genützt wird, gestützt auf Satelliten und Schiffsüberwachung. Das System soll ab Dezember 2013 zum Einsatz kommen. Die Kosten für Betrieb, Personal und Ausrüstung belaufen sich auf 244 Millionen Euro, die aus dem EU-Budget stammen. Das EU-Parlament wird Donnerstag darüber abstimmen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 9.10.2013)