"Keine Angst", sagen Felix und Sven Strasser (li.) recht oft zu ihren Kochschülern und lassen die Laien ans Messer. 

Wer sich bekochen lassen will, wählt Private Dining. Dann kochen die beiden für ihre Gäste so wie einst in ihrem Wiener Salon.

Heribert Corn/http://www.corn.at

"Messer immer schräg halten und mit der Klinge die Mittelgräte spüren", sagt Sven. Klingt leicht, ist es aber nicht.

Foto: Heribert Corn/http://www.corn.at

"Wenn die Filets dünner sind, macht es nichts, dann wird unser Fischfond nur besser".

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So eine Landpartie ist dem überarbeiteten Städter Balsam aufs Gemüt. Als Sven und Felix Strasser noch jeden Abend in ihrem Wiener Salon auf der Stubenbastei kochten, haben sie sich oft nach mehr Grün, nach Vogelgezwitscher und gemütlichen Abenden gesehnt. Doch da war null Zeit. Sven, Modedesigner und als Koch Autodidakt, und sein Partner Felix, Architekt, hatten große Ambitionen. Gemeinsam kochten sie den Salon zum Zwei-Hauben-Lokal hoch, gemeinsam hatten sie für die Gäste ein opulent-barockisierendes Ambiente geschaffen.

Vergangenes Jahr war die Sehnsucht nach Land und Ruhe aber einfach zu groß. Sie verkauften ihr Lokal und zogen nach Zistersdorf im Weinviertel. Eine gute Autostunde von Wien entfernt hatten die beiden eine abgetakelte Villa aus der Jahrhundertwende erstanden, einst ein Verwaltungsgebäude von Raiffeisen, dessen dicker, grauer Siloturm immer noch vis-à-vis des k.-u.-k.-gelben Anwesens steht. Dort sind die Strassers jetzt Gutsherren.

Wer in die große Eingangshalle tritt, fühlt sich seltsam vertraut. Wer den Wiener Salon kannte, findet ihn hier auf mehr Fläche wieder. Die prachtvollen Tapeten an den Wänden, die reduzierte Küche und den dicken Spaniel Laura, der unverdrossen euphorisch die Szenerie bereichert.

In der Küche macht Sven sich schon an einem Saibling zu schaffen. Ein Aperitif, dann geht sie los, die gemeinsame Kochsession: "Wir machen das für maximal zwei Personen, damit auch wirklich jeder selbst Hand anlegen kann."

Mitarbeit unter Aufsicht

Konkret geht es erst einmal ans Filetieren des Fisches, "Messer immer schräg halten und mit der Klinge die Mittelgräte spüren", sagt Sven. Klingt leicht, ist es aber nicht. Sven hat auf alles ein Auge. "Wenn die Filets dünner sind, macht es nichts, dann wird unser Fischfond nur besser", errät er die angstvollen Gedanken der Ungeübten. Sven ist flink und bestimmt. Er weiß, wie die Sachen aus seiner Küche schmecken sollen, zupft Anis, Lorbeer und exotische Pfeffer aus großen Gläsern und kann gleichzeitig viele Töpfe administrieren.

Ein Kochkurs am Gut ist aber weit mehr als bloße Instruktion in Küchentechnik. Auch der Zweck von Spezialutensilien, vom profanen Drucktopf bis zur Vakuumiermaschine, wird von Sven Strasser vermittelt. Er will, dass seine Schüler hier auch lernen, die Knochen aus Kapaunen zu holen ("Drückt ins Fleisch, dann spürt ihr die Anatomie"), oder Fleisch in Mandelöl sanft zu konfieren. Hier ein Tipp, dort eine Würzempfehlung und viele kluge Hinweise, wie sie nur Autodidakten für Kochdilettanten parat haben.

Ausbau geplant

Und gut, dass Sven Felix hat. Der plant den Ausbau des oberen Stocks, wo die Kücheneleven (und jene, die sich von den Strassers nur bekochen lassen wollen), bald übernachten können sollen. Er schleift aber auch Messer, wartet Maschinen und hat die Welt der Teige - von Pasta bis Tarte - über. Er knetet, wie er es von französischen Baguettebäckern gelernt hat, macht aber auch aus Erdäpfeln Lasagne-dünne Schichten, um sie dann zu Rouladen zu formen. Das ist ebenso köstlich wie spektakulär. Zwar macht das viele Kochen und Lernen auf die Dauer müde. Dann schaut man Sven und Felix einfach zu. Das erlauben sie. Und dann sieht man, wie vollkommen aufeinander eingespielt und unglaublich flink die beiden arbeiten können.

Dank Svens deutschen Genen wird das Landleben generalstabsmäßig angegangen. "Er weiß genau, welches Gemüse neben welchem Kraut gepflanzt werden muss", sagt Felix. "Also Dill neben Koriander und Zitronengurken" , ergänzt Sven. Felix hat seinerseits die Pflege der echten Sulmtaler Hühner über. Schüchtern verstecken sich die Prachtexemplare unter den Brombeerbüschen. Apropos Früchte: In Nachbars Garten stehen alte Obstbäume, deren Früchte die beiden zu Marmeladen verkochen. Auch Bienen gibt's, einen Keller für Wein und Sauerkraut. Wer aus Zistersorf wegfährt, denkt schon an den nächsten Besuch, weil die Lust auf perfekt inszenierte Landpartien hellwach geworden ist. (Karin Pollack, DER STANDARD, 4.10.2013)