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Die Mautstelle am Südportal der Felbertauernstraße.

Foto: APA/BRUNNER IMAGES/PHILIPP BRUNNER

Wien/Innsbruck/Salzburg - In Österreich könnten wegen einer Maut-Entscheidung in einem EU-Vertragsverletzungsverfahren zum Felbertauerntunnel sämtliche Sonder-Maut-Befreiungen fallen, berichtet die "Tiroler Tageszeitung". Durch den Felbertauern zwischen Osttirol und Salzburg fahren die Osttiroler gratis, für die übrigen Tiroler, aber auch für Autos aus Teilen Kärntens und Salzburgs, gibt es einen günstigeren Preis. Es gelten unterschiedliche Tarife für Pkw, Lkw und Busse, die heimische Wirtschaft kommt günstiger davon als der Rest. Eine ähnliche Regelung gilt am Brenner, wo Wipp- und Stubaitaler mit dem Vignettenabschnitt keine Brennermaut zahlen müssen, Lkw und Busse erhalten dort aber keine Begünstigungen.

Klage wegen Ungleichbehandlung

Gegen die Maut-Begünstigungen am Felbertauern hatte eine deutsche Autolenkerin geklagt. Sie sieht eine Ungleichbehandlung darin, dass Pkw-Lenker mit einem Lienzer Kennzeichen nichts zahlen müssen, die übrigen Tiroler 8 Euro und der Rest der Welt sogar 10 Euro. Ein Innsbrucker Rechtsanwalt, Thaddäus Schäfer, schloss sich der Klage an. Bis 2. Oktober hatte das Bundeskanzleramt Zeit, sich eine Argumentationslinie zurechtzulegen. Allzu zuversichtlich, dass die Mautregelung hält, sind Experten allerdings nicht.

Auch Rebatte am Ski-Lift betroffen

Geht das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich aus, könnte das weitreichende Folgen haben: Alle abgestuften Tarife, die eine Begünstigung von Anrainern oder Einheimischen vorsehen, könnten gekippt werden - von der einfachen Mautstraße in Gemeindehand über das Schwimmbad bis hin zur Liftkasse. Dort dürften laut EuGH gemäß der seit 2006 geltenden EU-Dienstleistungsrichtlinie eigentlich keine gesonderten Einheimischen-Tarife mehr erhältlich sein, in Österreich haben sich viele Liftbetreiber damit beholfen, dass sie die Tarife einfach nicht ausschildern.

Osttirol "strukturschwaches Gebiet"

Bei der Felbertauernstraße AG - sie gehört zu 60,46 Prozent dem Bund und zu 36,69 Prozent dem Land Tirol - gibt sich Vorstand Karl Poppeller kämpferisch. "Ich gehe davon aus, dass es weiterhin irgendeine Begünstigung geben wird", sagt er zur "Tiroler Tageszeitung". Poppeller, der dem Bundeskanzleramt jene Argumente liefert, die die EU-Kommission überzeugen soll, sprechen konkrete Gründe für die speziellen Anrainertarife. "Wir haben uns das ja nicht aus den Fingern gesaugt", sagt er dem "Kurier". Osttirol sei schwer zu erreichen und "nur mit einer griechischen Insel zu vergleichen." Es handle sich um ein strukturschwaches Gebiet, daher habe es Anreize für die Wirtschaft gebracht.

Wirtschaft betroffen

Vor allem die heimische Wirtschaft könnte von einer negativen Entscheidung betroffen sein. Lkw und Busse aus Oberkärnten, Zell am See und Osttirol zahlen am Felbertauern weniger als die Konkurrenz aus anderen Regionen. Für schwere Lks zahlt die Osttiroler Wirtschaft 20 Euro, der Normaltarif liegt bei 80 Euro. Jährlich werden am Felbertauern 8 bis 9 Millionen Euro an Maut eingenommen, 90 Prozent davon durch Pkw.

Im Tiroler Landhaus in Innsbruck wird die Chance, dass Österreich mit seinen Mauttarifen durchkommt, auf "Fifty-Fifty" geschätzt. Vielleicht sei die Regelung für Pkw zu retten, für Lkw und Busse sei es ein fast aussichtsloses Unterfangen, meinen Experten.

Österreichs oberster Seilbahner Franz Hörl will die Sonderregelungen beibehalten. "Wir werden Einheimischen-Tarife auch weiterhin verwenden", sagt der Obmann des zuständigen WKÖ-Fachverbandes und sieht sich mit dieser Haltung sowohl im Einklang mit nationalem als auch EU-Recht. "Wenn nötig, werden wir das bis zum Letzten ausfechten." (APA, 7.10.2013)