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Die Konsequenz der Geldschwemme sind egative Realzinsen.

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Alpbach - Die Notenbanken haben die Märkte mit Geld geflutet und damit kurzfristig einen Absturz der Wirtschaft nach der Finanzkrise von 2008 verhindert. Langfristig "pervertiert" sich diese Politik aber, kritisierte RBI-Analyst Peter Brezinschek am Freitag im Alpbach bei der Vorstellung der Zins- und Währungsprognose. Sie sei "eine krasse Form der Vermögensbesteuerung, die kein Politiker so umsetzen würde".

In keiner Theorie könne die Geldpolitik nachhaltig reales Wirtschaftswachstum erzeugen. Dazu seien Unternehmen, Haushalte und die öffentliche Hand gefragt. Der Überfluss an Geld mit in Folge niedrigen Zinsen führe "applaudiert von Gewerkschaft und Arbeitgebern" dazu, dass die Krisenländer ihren Reformwillen reduzieren. Solange die Renditen für ihre Staatsanleihen über sieben Prozent lagen, gab es Druck zu Reformen, die Begeisterung dafür sei seither erlahmt, kritisierte Brezinschek.

Geldflut kommt nicht in der Wirtschaft an

Die Geldflut erreiche die Realwirtschaft nicht. Ein Beispiel dafür nannte auch Michaela Duenas-Vega von der RLB NÖ-Wien: Die US-Notenbank pumpe rund 1 Billion Dollar im Jahr in die Wirtschaft - das seien 1,5 Dollar Liquidität pro Dollar Wirtschaftswachstum.

Die Konsequenz der Geldschwemme seien aber negative Realzinsen. "Das ist ein Weg Staaten zu entschulden und Sparer zu enteignen", vermerkt Brezinschek. Sparer verlieren jährlich 1,5 Mrd. Euro an Kaufkraft. Außerdem werden Geringverdiener härter getroffen, weil sie überwiegend in Sparguthaben und Anleihen investiert sind, während Wohlhabende sich mit Sachwerten schützen. Weiters stünden immer noch künftige Inflationsgefahren im Raum - die wieder Menschen mit niedrigem Einkommen besonders hart treffen. Und "zu guter Letzt" bringe die expansive Geldpolitik kapitalgedeckte Pensions- und Lebensversicherungen in Existenzprobleme.

Auch Johann Maurer (Macquarie Investment Management Austria) wies darauf hin, dass der Weg zur "Normalisierung, also wenn man für sein Geld wieder etwas kriegt", in einigen Sektoren zu massiven Verwerfungen führend dürfte: Beim Goldpreis etwa oder auch bei Immobilien.

Wachstum ja, Aufschwung vielleicht

Die Wirtschaft wächst zwar wieder, aber bei weitem nicht so stark wie vor der Finanzkrise von 2008, sind sich die sieben Analysten, die gemeinsam die Zins- und Währungsprognose erstellen, einig. Derzeit liege man bei einem Prozent, 1,7 Prozent Plus könnten es für die nächsten fünf Jahre werden. Nicht ganz einig waren sie sich aber, ob das schon ein Aufschwung oder noch viel zu wenig nach der langen Rezession sei. Immerhin liege die Wirtschaftsleistung Europas noch um drei Prozent unter dem Wert vor der Krise. Außerdem haben drei der vier großen EU-Länder große Struktur- und Budget-Probleme.

Klar ist aber, dass die Zinsen langsam wieder steigen, vorerst vor allem für zehnjährige Veranlagungen. Freuen können sich Länder an der Peripherie Europas. Seit Monaten fließt wieder mehr Kapital dort hin, sagte Ingo Jungwirth (Bawag P.S.K.). Auch Michael Rottmann (UniCredit Group) empfiehlt Anleihen von Ländern wie Spanien oder Italien angesichts der besseren Renditen. Er kann sich vorstellen, dass der nächste Stresstest der EZB dazu führt, dass deutsche Banken mehr Rekapitalisierungsbedarf haben als österreichische oder spanische - weil es in Deutschland derzeit weniger strenge Regeln zur Erfassung notleidender Kredite gebe.

Hoffnung für Franken-Kredit-Nehmer

Hoffnung machen die Analysten Häuslbauern in Österreich, die noch immer einen Schweizer-Franken-Kredit haben. Der Franken dürfte an Wert verlieren. Hatte die Schweizer Nationalbank vor kurzem noch intervenieren müssen, um den Kurs bei 1,20 zum Euro zu stabilisieren, so erwartet Rainer Guntermann (Commerzbank) Mitte 2014 1,30, weil die Schweiz angesichts der Normalisierung im Euroraum den Geldzufluss als sicheren Hafen verliere. Rottmann sieht sogar einen Kurs von 1,35 als "äußerer Rand dessen, was machbar erscheint".

Beißende Kritik gibt es von Raiffeisen-Mann Brezinschek an der ungarischen Wirtschaftspolitik. Dort gebe es "nur eine vorübergehende Erholung". Der Aufschwung sei "hingetrimmt auf die Wahlen im April 2014, erkauft durch eine Inflationsabsenkung mittels verordneter Preise, überdimensionierter Lohnsteigerung im öffentlichen Sektor und der Förderung bestimmter Wirtschaftssektoren". (APA, 4.10.2013)