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Moskau, 24. November 2007: Garri Kasparow wird festgenommen

Foto: REUTERS/Vyacheslav Kochetkov

Grosny/Straßburg - Russland hat vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) erstmals eine Menschenrechtsverletzung im Tschetschenienkrieg eingestanden. Der Gerichtshof verurteilte Moskau am Donnerstag zur Zahlung von insgesamt 1,16 Millionen Euro Schmerzensgeld an 13 Beschwerdeführer, die damals 18 Angehörige verloren hatten.

Der Fall betraf einen überraschenden Militäreinsatz gegen ein Dorf in Tschetschenien im Jahr 2000 mit vielen zivilen Opfern. Die Tschetschenen klagten, das Recht auf Leben ihrer Angehörigen sei verletzt worden; außerdem hätten die Behörden die Umstände des tödlichen Angriffs nicht untersucht. Gegen dieses Urteil kann eine Berufung beantragt werden.

Das Dorf Aslambek-Scheripowo im Bezirk Schatoi galt damals als sichere Zone. Befehlshaber der russischen Streitkräfte hatten den Bewohnern zugesichert, es werde keine Angriffe geben, solange es dort keine bewaffneten Kämpfer gebe. Aus diesem Grund wurden die Menschen von dem Artillerieangriff am 17. Februar 2000 völlig überrascht. Sie hatten erklärt, dass keine Kämpfer in ihr Dorf gekommen waren. Bei dem Angriff starben etwa 30 Personen, 25 Menschen wurden verletzt.

"Die Regierung akzeptierte, dass die Grundrechte der Beschwerdeführer verletzt wurden, auch hinsichtlich des Einsatzes von Gewalt und der fehlenden Untersuchung des tödlichen Angriffs", lautet der entscheidende Satz in dem EGMR-Urteil. Russland wird in Straßburg immer wieder wegen brutaler Übergriffe von Soldaten auf Zivilisten im zweiten Tschetschenienkrieg (1999-2009) verurteilt.

10.000 Euro für Kasparow

Der russische Ex-Schachweltmeister Garri Kasparow hat erfolgreich vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Kreml geklagt. Russland muss nach dem EGMR-Urteil von Donnerstag dem 50-jährigen Oppositionsführer sowie zwei Mitstreitern jeweils 10.000 Euro Schadenersatz für die Festnahme bei einer Anti-Kreml-Kundgebung im Jahr 2007 zahlen.

Ein Gericht hatte die Oppositionellengruppe damals wegen der Teilnahme an einer nicht genehmigten Demonstration zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Kläger seien nur festgenommen und verurteilt worden, weil die Kundgebung nach Auffassung der Behörden nicht erlaubt gewesen sei, heißt es nun im EGMR-Urteil. Dieses Vorgehen sei "unverhältnismäßig und für die Erhaltung der öffentlichen Ordnung nicht erforderlich". Russland kann gegen das Urteil Berufung anmelden.

Kasparow lebt derzeit im Ausland. Er befürchtet, wie andere Gegner von Kremlchef Wladimir Putin wegen seiner Teilnahme an Protesten eingesperrt zu werden. (APA, 3.10.2013)