Ossiach/Graz - Seine Wurzeln hat es im Zweiten Weltkrieg, heute ist das Observatorium auf der Kanzelhöhe bei Villach eine Außenstelle des Institutes für Astronomie der Universität Graz und detektiert Strahlungsausbrüche der Sonne. Die Forschungsstation feiert in der kommenden Woche das 70-jährige Jubiläum der auf rund 1.500 Meter Seehöhe gelegenen Einrichtung.

Das Jubiläum wird am 9. Oktober mit einem Festakt auf der Kanzelhöhe gefeiert. Quasi als Geburtstagsgeschenk an die interessierte Öffentlichkeit wird eine Website präsentiert, die aktuelle Daten und Vorhersagen des Weltraumwetters zur Verfügung stellt. Anschließend wird die Gegenwart und Geschichte des Observatoriums und der Sonnenforschung während der NS-Zeit und der britischen Besatzung beleuchtet.

Von der militärischen zur zivilen Funktion

Weil die Sonne die Ionosphäre und damit die Funkwellen beeinflusst, errichtete die deutsche Luftwaffe während des Zweiten Weltkrieges mehrere Sonnenobservatorien - die größte wurde wegen des günstigen Klimas und der guten Erreichbarkeit auf der Kanzelhöhe in Kärnten installiert. Pläne für ein Wohnhaus der Angestellten sowie für ein ganzes "Kanzeldorf" wurden ausgearbeitet, jedoch nicht verwirklicht.

Bald nach dem Ende des Krieges wurde die Aufsicht über das Observatorium von der Royal Air Force an die Universität Graz übertragen, die es seitdem betreut. Damit betreibt diese Station nach der Sternwarte von Greenwich die längsten kontinuierlichen Sonnenbeobachtungen in Europa.

Heute gehört das Observatorium zum Institut für Physik und hat durch seine ständige Erforschung der Sonnenaktivitäten und des damit zusammenhängenden Weltraumwetters internationale Bedeutung erlangt. "Denn Explosionen und Stürme auf unserem Fixstern können unter anderem das Erdmagnetfeld der Erde und damit Satelliten und deren Instrumente erheblich stören", so Astrid Veronig. Die Astrophysikerin leitet das in der Forschungsstätte arbeitende Team aus drei wissenschaftlichen Mitarbeitern und zwei Technikern.

International vernetzt

Das Weltraumwetter beschreibt die Veränderungen der physikalischen Bedingungen im erdnahen Weltraum. Für das Studium der sich zum Teil rasch ändernden Vorgänge auf der Sonne sind Zeitserien von Beobachtungen verschiedener Schichten ihrer Atmosphäre notwendig. Mehrere Teleskope beobachten auf der Kanzelhöhe die Sonne mittels Farbfilter in den verschiedenen optischen Spektralbereichen. Die Daten werden nicht nur an der Uni Graz, sondern auch von internationalen Forscherteams genutzt, um die Physik von Sonneneruptionen zu untersuchen und besser zu verstehen.

Das Observatorium Kanzelhöhe ist seit Monatsbeginn die österreichische Vertretung im internationalen ISES-Weltraumwetter-Netzwerk und eine europäische Kernstation zur Sonnenbeobachtung im Rahmen des "Space Situational Awareness"-Programms der Europäischen Weltraumbehörde ESA, meldete die Uni Graz am Mittwoch. "Im Auftrag der ESA werden Sonnenausbrüche mittels automatischer Bilderkennung in Echtzeit in den Beobachtungen ausfindig gemacht und Warnmeldungen ausgesandt", erklärte Veronig. (APA/red, derStandard.at, 5. 10. 2013)