Eva Glawischnig, Bundessprecherin der Grünen, will nicht erst auf eine neue Regierung warten. In vielen Bereichen könnten schon bald die Gespräche beginnen, fordert sie.

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Im beginnenden Spekulationstreiben um künftige Regierungskoalitionen stellen die Grünen erste Hürden auf. Parteichefin Eva Glawischnig nennt bereits Bedingungen für eine künftige grüne Zustimmung (die reichen würde) zu Zwei-Drittel-Materien: Diese gebe es nur, sagte sie, wenn die Kontrollrechte - U-Ausschüsse als Minderheitsrecht - ausgebaut werden. Die parlamentarische Kontrolle solle auch "koalitionsfreier Raum werden" , sagte Glawischnig am Dienstag nach dem Parteivorstand. In einem Brief an die Klubchefs von SPÖ und ÖVP heißt es, man könne "umgehend und bereits vor der Bildung einer neuen Bundesregierung die entsprechenden Gesetzesbeschlüsse für die Schaffung des Minderheitsrechts auf Einsetzung von Untersuchungsausschüssen fassen".

Die Grünen wollen nun rasch zu ersten Gesprächen einladen. In den Bereichen Bildung, Pensionen, Umwelt, Europa und Demokratie soll in "Zukunftsausschüssen" im Parlament nach Lösungen gesucht werden. Da passt es gut, dass die ÖVP mit allen Parteien Gespräche führen will. Eine erste "telefonische Kontaktaufnahme" habe es bereits gegeben, sagte Glawischnig. Demnächst wird sich auch die SPÖ anstellen, denn auch die Sozialdemokraten wollen "mit allen Parteien" reden.

Mehr Stimmen

Freuen konnte sich die Grünen-Chefin über die Briefwähler, die ihrer Partei wohlgesonnen waren - sie haben nicht nur insgesamt einen Stimmenzuwachs gebracht (jetzt: 12,34 Prozent), sondern auch für bessere Detailergebnisse gesorgt. In Wien gibt es doch ein Plus, wenn es auch mit 0,34 Prozent denkbar bescheiden ausfällt. In Graz ist es gelungen, die FPÖ doch noch zu überholen und mit 21,73 Prozent Stimmanteil die stärkste Kraft zu werden. Parteichefin Glawischnig ist dementsprechend zufrieden. "Es ist ein gutes Ergebnis", hielt sie fest - schränkte aber ein: "Ja, wir haben uns mehr erwartet." Wurden die Neos unterschätzt? Darauf hatte Glawischnig noch keine Antwort. Was in "den letzten zehn Tagen vor der Wahl passiert" sei, gehöre auch noch analysiert.

Grazer Wende

Ein Blick auf den Grazer Stadtplan bietet seit der Wahl jedenfalls ein bemerkenswertes Farbenspiel. Die Landeshauptstadt, 2008 noch streng in eine rote und eine schwarze Hälfte geteilt, hat sich in Blau-Grün verwandelt. Die ehemals roten Bezirke rechts der Mur, von Gösting über Eggenberg und Gries bis Puntigam, haben einen blauen Anstrich bekommen. Links der Mur sind die ehemals schwarzen Bezirke nun grün eingefärbt. Dass die Grünen nach Auszählung der Briefwahlstimmen erstmals in ihrer Parteigeschichte die Nummer eins in Graz geworden sind, nannte Grünen-Stadträtin Lisa Rücker "ein besonders wichtiges Zeichen". Grün statt FPÖ stünde einer Menschenrechtsstadt gut an und sei "Ausdruck von Toleranz, Respekt und Achtung untereinander".

Judith Schwentner, Spitzenkandidatin im Wahlkreis Graz/Graz-Umgebung, erhielt im Sog der reüssierenden Grünen in Graz ein Direktmandat, ebenso die frühere Korruptions-Untersuchungsausschuss-Vorsitzende Gabi Moser. Im neuen grünen Parlamentsklub werden die Frauen knapp, aber doch in der Mehrzahl sein - ihr Anteil liegt bei 55 Prozent. (mue/pm, DER STANDARD, 2.10.2013)