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Foto: Reuters/Ebenbichler

Mit größter Wahrscheinlichkeit wird vor Weihnachten eine neue Regierung stehen, die sich erneut aus SPÖ und ÖVP zusammensetzt. Und ebenso wahrscheinlich werden Experten und Kommentatoren diese alt-neue Koalition auffordern, diesmal die notwendigen Reformen nicht wieder zu verzögern und zu verschlampen, sondern konsequent durchzuziehen. Und auch die Politiker werden das versprechen.

Doch es gibt keinen Grund, ihnen zu glauben. Denn das Ergebnis der Nationalratswahl macht es so gut wie sicher, dass die nächste Regierung noch viel weniger Reformwillen zeigen wird als die alte.

SPÖ und ÖVP sind beide zu Pensionistenparteien geworden. Nur die Älteren haben ihnen die Treue gehalten, und da diese Generation viel eifriger wählen geht als die Jüngeren, reicht das für eine knappe Mehrheit aus. Die Macht der Seniorenvertreter Karl Blecha und Andreas Khol wird daher weiter steigen.

Deshalb ist es nicht zu erwarten, dass beim Pensionsantrittsalter in den kommenden fünf Jahren viel geschieht. Die Kluft zwischen Ende der Erwerbstätigkeit und durchschnittlicher Lebenserwartung wird dann noch schneller wachsen als bisher.

Auch bei der Gesundheitsreform wird sich nichts tun. Denn die Zusammenlegung von Krankenhäusern, der Abbau von Spitalsbetten und der Ausbau der medizinischen Vorsorge - was praktisch alle Gesundheitsexperten empfehlen - sind nicht das, was die über 60-Jährigen für ihre persönliche Gesundheitsversorgung brauchen und wollen.

Und eine Reform des Schulwesens und mehr Geld für Universitäten gehören ebenso wenig zu den zentralen Interessen älterer Wähler.

Bleibt die Verwaltungsreform, vor allem der Abbau von Doppelgleisigkeiten. Da hat man in der Steiermark gesehen, was passiert, wenn eine Regierung dieses hehre Projekt einmal tatsächlich in Angriff nimmt, etwa durch Gemeindezusammenlegungen. Prompt ist die FPÖ zur stärksten Partei geworden.

Aus wahltaktischer Sicht muss die kommende Regierung darauf schauen, das Bestehende zu bewahren und möglichst wenig zu verändern. Die jüngeren Reformwähler haben sie bereits an andere Parteien verloren und werden sie kaum zurückgewinnen. Entscheidend für den Wahlausgang 2018 ist, dass die jetzigen Wähler wieder zur Urne gehen. Und das gelingt am besten, wenn die Regierung sie möglichst wenig verärgert.

In ganz Europa sieht man, dass Reformer ständig abgestraft werden. Auch Angela Merkel kann ihren Wahlsieg ihrer Fähigkeit verdanken, möglichst wenig anzuecken.

Natürlich kann es Staatsmänner (und -frauen) geben, die sagen: Ich pfeife auf Popularität und Wiederwahlchancen und tue das, was meinem Land guttut. Aber ehrlich gesagt: Schaut das Werner Faymann oder Michael Spindelegger ähnlich? (Eric Frey, derStandard.at, 2.10.2013)