Wien - Bundespräsident Heinz Fischer hat beim Verfassungstag am Dienstag erneut Bedenken gegen den Ausbau der direkten Demokratie geäußert. "Der zuletzt vorliegende Gesetzesentwurf ist zweifellos noch nicht ausgereift", sagte er in seiner Ansprache im Verfassungsgerichtshof (VfGH).
"Keine qualitative Verbesserung"
Fischer stellte vor allem die Forderung nach einer Ausweitung der direkten Demokratie durch die unmittelbare Verknüpfung von Volksbegehren und Volksbefragung infrage. "Nicht alles was gut gemeint ist, ist auch wirklich gut", sagte er. In den letzten 200 Jahren seien die Grenzen der direkten Demokratie und die Vorteile der parlamentarischen Demokratie immer deutlicher geworden. Die "Ja/Nein-Demokratie" sei eine wichtige Ergänzung, aber keine qualitative Verbesserung der parlamentarischen Demokratie.
"Wir müssen vermeiden, den derzeitigen Weg der Gesetzgebung zu durchlöchern", meinte Fischer. Das Unbehagen, das sich angesichts gewisser Praktiken und Unsitten entwickelt hat beruhe nicht auf Unzulänglichkeiten der Verfassung, sondern der politischen Praxis und unter Umständen auch des politischen Personals. Diese Unzulänglichkeiten würden nicht überwunden, indem man außerparlamentarischen Lobbys und Medienkampagnen noch größeren Einfluss einräume.
"Unzutreffend, ungerecht und polemisch"
Die Argumentation, dass Kritiker direktdemokratischer Modelle das Volk für zu dumm halten würden, um über Sachfragen anzustimmen, bezeichnete er als unzutreffend, ungerecht und polemisch.
Unter den Gästen waren unter anderen der ehemalige Bundeskanzler Franz Vranitzky, der Präsident des Verwaltungsgerichtshofs Clemens Jabloner und der ehemalige Präsident des Verfassungsgerichtshofs Ludwig Adamovich. Die ebenfalls erwartete Justizministerin Beatrix Karl (ÖVP) war nicht erschienen. Beim Verfassungstag wird alljährlich der "Geburtstag" der österreichischen Bundesverfassung begangen. Sie wurde am 1. Oktober 1920 von der Konstituierenden Nationalversammlung beschlossen. (APA, 1.10.2013)