Die Schließung von tausenden Verwaltungseinrichtungen in den USA als Folge des ungelösten Budgetstreits ist nicht das Ende der Welt. Alle wichtigen Funktionen für Sicherheit und Ordnung bleiben erhalten, und US-Bürokraten haben schon ein wenig Übung darin, mit solchen Situationen fertigzuwerden.

Das Schlimme an der jetzigen Situation ist, dass überhaupt kein Ausweg in Sicht ist. Beim letzten "Government Shutdown" in den Jahren 1994 und 1995 gaben die Republikaner nach einigen gesichtswahrenden Kompromissen relativ rasch nach. Angesichts einer erbosten öffentlichen Meinung fürchteten sie allzu schlimme Folgen an der Wahlurne. Und tatsächlich konnte Bill Clinton seine Wiederwahl 1996 zu einem guten Teil dem Glaubwürdigkeitsverlust der Republikaner in diesem Streit verdanken.

Diesmal aber ist mit einer solchen Reaktion nicht zu rechnen. Die republikanischen Abgeordneten, die die Blockade provozieren, wissen, dass die große Mehrheit der US-Bürger gegen sie ist. Aber das ist ihnen egal. In ihren Wahlkreisen fühlen sie sich sicher, denn dort leben jene Wutbürger, die alles, was von Barack Obama kommt, als Werk des Teufels sehen. Und dazu gehört vor allem die Gesundheitsreform, die der rechte Rand der Partei mit allen Mitteln stoppen will, obwohl sie bereits seit drei Jahren Gesetz ist und selbst vom Obersten Gerichtshof bestätigt wurde.

In dieser Frage ist für das Weiße Haus und die Demokraten kein Kompromiss möglich. Sie können selbst einer Verschiebung der Einführung gewisser Elemente um wenige Monate nicht zustimmen, weil sie wissen, dass damit der Streit nicht gelöst sein wird. Die Tea-Party-Republikaner sind entschlossen, "Obamacare" zu zerstören, und würden sich mit keinem Zwischenschritt zufriedengeben.

Die republikanische Führung im Kongress rund um John Boehner will eigentlich nicht die totale Konfrontation, und im Abgeordnetenhaus gäbe es eine klare Mehrheit für eine zumindest vorübergehende Einigung, bestehend aus Demokraten und moderaten Republikanern. Aber Boehner hat sich dem rechten Rand seiner Partei völlig ausgeliefert und ist nicht mehr Herr der Lage.

In rund zwei Wochen droht die nächste Runde im Konflikt: Dann muss die Schuldengrenze vom Kongress angehoben werden, damit die USA nicht zahlungsunfähig werden. Alles deutet darauf hin, dass die jetzige verheerende Dynamik bis dahin erhalten bleibt und auch hier diesmal kein Kompromiss in letzter Sekunde erreicht werden kann. Und wenn die USA aufhören, ihre Schulden zu bezahlen, wäre das viel schlimmer für die Wirtschaft in den USA und dem Rest der Welt als der jetzige Stopp der Verwaltungsausgaben.

Doch auch hier dürften die verheerenden Folgen die Fanatiker unter den Republikanern nicht beeindrucken. Denn diese würden erst nach und nach fühlbar werden und gerade in den konservativsten Wahlkreisen die Popularität der Abgeordneten nicht schmälern.

Am Ende werden die Republikaner wahrscheinlich doch noch einen hohen Preis für ihr verantwortungsloses Vorgehen bezahlen. Doch bis dahin wird in Washington noch viel politisches und wirtschaftliches Porzellan zerschlagen werden. (Eric Frey, derStandard.at, 1.10.2013)