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"Der Wahlkampf war einer der besten und professionellsten, die die Grünen je geführt haben", sagt Bundesrat Efgani Dönmez.

Foto: APA/Pfarrhofer

STANDARD: Die Grünen hatten als Wahlziel 15 Prozent ausgerufen, jetzt sind es gerade einmal rund zwölf Prozent - Wunsch und Wirklichkeit: Wie erklären Sie sich das Ergebnis Ihrer Partei?

Dönmez: Das Wahlziel von 15 Prozent wurde verfehlt, das ist richtig. Daher ist der Wahlsonntag auch nicht schönzureden, selbst wenn es bescheidene und überschaubare Zugewinne im Vergleich zu den Wahljahren 2006 und 2008 gegeben hat. Eines möchte ich aber schon auch festhalten: Die Themen, für die sich die Grünen einsetzen, sind die richtigen. Der Kampf gegen Korruption, für einen Neubeginn im Bildungsbereich, der Ausbau der erneuerbaren Energie sowie des öffentlichen Verkehrs und die immer größer werdende Kluft zwischen Arm und Reich sind unsere zentralen Anliegen.

STANDARD: Aber die Ausgangslage für die Grünen konnte eigentlich kaum besser sein. Wenn die Themen richtig waren, war die Umsetzung schlecht?

Dönmez: Jetzt müssen wir einmal analysieren, warum ein derartiges Ergebnis eingefahren wurde. Neben der Auswahl der Themen, für die sich eine Partei starkmacht, ist es auch entscheidend, wer die Themen dann auch umsetzt beziehungsweise verkörpert. Denken Sie an die Diskussionen rund um die Mariahilfer Straße oder den Umgang mit den Pro-Erdogan-Demos in Wien. Das hat viele Sympathiewerte gekostet.

STANDARD: Nach der ÖVP haben die Grünen die meisten Stimmen, nämlich 57.000, an die Neos verloren. Hat man diese neue Partei unterschätzt?

Dönmez: Das kann ich nicht sagen. Ich freue mich jedenfalls auf einen neuen politischen Mitbewerber, auch wenn uns dies viele Stimmen gekostet hat, vielleicht wird der Umdenkprozess in einigen Bereichen dadurch beschleunigt, und man tritt in den Wettbewerb der besten Ideen und übt nicht ideologische Phrasendrescherei.

STANDARD: Also sind in manchen Bereichen die falschen Personen tätig?

Dönmez: Sagen wir es so: Wollen die Grünen weiter zulegen, dann gehören sicher gewisse parteiinterne Denkweisen und Haltungen abgelegt. Bei den Grünen stehen nach wie vor Bauchentscheidungen und Seilschaften bei der Listenplatzerstellung der Kandidaten und Kandidatinnen viel zu sehr im Vordergrund. Dabei werden oft strategische Überlegungen völlig außer Acht gelassen, beispielsweise die Frage, wie Zielgruppen optimal angesprochen werden können.

STANDARD: Am Schluss wurden "Eva"-Plakate samt Lamm ganz ohne Politbotschaft affichiert - war der Wahlkampf zu weichgespült?

Dönmez: Über einzelne Sujets kann man diskutieren, jedoch der Wahlkampf, geleitet von Martin Radjaby und seinem Team, war einer der besten und professionellsten Wahlkämpfe, welchen die Grünen je geführt haben.

STANDARD: Der Wahlkampf der FPÖ war offensichtlich um einiges besser: Die Freiheitlichen sind den Grünen ziemlich davongaloppiert. Warum?

Dönmez: Die Grünen haben ein gewisses Manko - und das bekommen wir offensichtlich nicht in den Griff. Oder haben wir wieder nicht in den Griff bekommen: Wir schaffen es zu wenig, Arbeiter und Pensionisten sowie Jugendliche ohne Matura anzusprechen.

STANDARD: Was bleibt den Grünen jetzt? Wieder nur die Opposition?

Dönmez: Ich trete nach diesem Ergebnis für den Gang in die Opposition als einzig sinnvollen Schritt ein - auch wenn ich gerne mehr Verantwortung übernommen hätte. Es wird eine interessante Konstellation mit den Neos und dem Team Stronach im Parlament, hier könnte themenübergreifend zusammengearbeitet werden; sozusagen eine konstruktive oppositionelle Zusammenarbeit. Wenn es bei der Regierung mit der Zusammenarbeit schon nicht klappt, könnte es ihr die Opposition in manchen Bereichen vorzeigen.

STANDARD: Und wie sieht es für Sie nach dieser Wahl aus?

Dönmez: Ich werde weiterhin eine starke kritische Stimme im Parlament bleiben. (Peter Mayr, DER STANDARD, 1.10.2013)