Andreas Vitásek: "Keine Überraschung"

Mein Tipp war: SPÖ 28, ÖVP 23, FPÖ 23, Grüne 12, Team Stronach 8, BZÖ 3 und Neos 2. Das Ergebnis ist also keine echte Überraschung. Verwundert haben mich einzig die Neos, die den Einzug ins Parlament geschafft haben. Es gibt eben ein Bedürfnis nach einer liberalen Wirtschaftspartei. Dass die Grünen nicht mehr Stimmen bekommen werden, war nach dem schwachen Wahlkampf, in dem sie auf falsche Themen gesetzt haben, voraussehbar. Und ich finde es sehr beruhigend, dass das Team Stronach in der Gesellschaft nicht mehr Akzeptanz bekommen hat.

Robert Menasse: "Weitere Blockade"

Der relative Sieg der SPÖ wird leider keine Früchte tragen: Die logische Fortsetzung der Koalition mit der ÖVP bedeutet weitere fünf Jahre Blockade der überfälligen Bildungsoffensive, der Schul- und Universitätsreform, das heißt eine weitere um ihre Chancen betrogene Generation. Und über dreißig Prozent deklarierte Anti-Europa-Stimmen werden die Regierung mit jener Feigheit, die sie für Pragmatismus hält, noch weiter in eine nationalistische Stimmungspolitik drängen, die nur noch jene abstößt, die noch sinnerfassend lesen können. Das heutige Wahlergebnis ist deutlich besser als das nächste in fünf Jahren.

Ruth Beckermann: "Sie zündeln und zündeln"

Wir müssen uns klarmachen, dass wir in einem Land leben, in welchem Hass und Ressentiment siegen. Für diese Wähler zählt nicht, dass die FPÖ ihre Steuergelder verschleudert hat wie keine zweite Partei. Sie zündeln und zündeln, bis die Demokratie brennen wird. Katastrophal, dass es wohl wieder eine große Koalition geben wird - und nur eine starke Opposition. Und die ist rechtsextrem.

Eva Blimlinger: "Koalition der Verlierer"

Hoffentlich bleibt es bei der Koalition der Verlierer SPÖ und ÖVP, denn Schwarz-Blau, Schwarz-Blau-Stronach wäre für Österreich noch schlimmer als die FPÖ-ÖVP-Regierung des Jahres 2000 und die ÖVP-FPÖ-Regierung des Jahres 2002: Milliardär und Korruption, MigrantInnen- und Frauenfeindlichkeit. Für die Kunst, Kultur und Wissenschaft werden die Zeiten so dunkel wie die gemischten Farben dieser Parteien. Und was passiert mit den Grünen zwischen Umfrage- und Wahlergebnissen? Und selbstverständlich gibt es keine Obmanndebatte in der ÖVP.

Mathias Ruegg: "Gratulation an die Neos!"

Leider braucht es wohl noch eine weitere Wahlperiode, um die rot-schwarze Mehrheit zu brechen. Aber der Trend geht in die richtige demokratische Richtung. Es gibt ja kaum einen Grund, warum eine Partei mehr als 20 Prozent der Stimmen erreichen sollte. Das Spiel FPÖ gegen Grüne endet immer gleich, Erstere werden im Teich der Zukurzgekommenen immer reiche Beute machen. Und herzliche Gratulation an die Neos!

Gerhard Ruiss: "Stabilität vermittelt"

Es ist viel über den Stillstand in der großen Koalition geredet worden, der Hälfte der Wähler hat sie offenbar trotzdem Stabilität und Verlässlichkeit vermittelt. Die Wählerkritik an ihr ist leider wieder einmal in die falsche Richtung gegangen, gestärkt wurden nicht die demokratischen Alternativen, sondern die Scharfmacher und Spekulanten. Es ist auch noch eine andere Regierungsvariante als die Fortsetzung der großen Koalition möglich, mit wenigsten drei Kandidaten, die im Wahlkampf ebenfalls den Kanzlerschaftsanspruch gestellt haben. Eine schwarz-blaue oder blau-schwarze Koalition mit Stronach wäre allerdings der größte politische Sündenfall, den man begehen könnte. Dazu muss man nämlich bereit sein, die größten Korruptionsskandale der Zweiten Republik zu übergehen. Korruptionsskandale, die dafür verantwortlich sind, dass es in Österreich seit Jahren nur noch angespannte Budgets gibt, weil sich Politiker der FPÖ und ihrer Schwesterparteien FPK und BZÖ schamlos öffentlicher Gelder bedient und sich selbst und ihre Freunde, zu denen auch Stronach gehört hat, begünstigt haben. Von der großen Koalition wissen wir, was uns erwartet: die Umsetzung der offengebliebenen Vorhaben. Eine große Urheberrechtsreform und Maßnahmen zur Stärkung der Buchwirtschaft. Genau das wollen wir von Anfang an.

Eva Maria Marold: "Ich war Protestwählerin"

Ich war heuer eine Protestwählerin, ich wäre daher sehr erleichtert gewesen, wenn sich keine große Koalition ausgehen würde. Mir wäre jede Veränderung lieber gewesen als die Fortsetzung von SPÖ-ÖVP. Allerdings bin ich auch froh darüber, dass sich scheinbar nicht Rot-Grün ausgeht. Dass die FPÖ Stimmen dazugewonnen hat, damit hat man rechnen müssen. Ich bin traurig, dass das BZÖ es nicht geschafft hat. Nicht weil ich das BZÖ wähle, aber weil ich es für richtig empfinde, wenn viele Parteien im Parlament vertreten sind. Das Abschneiden der Neos hat mich positiv überrascht.

Johanna Rachinger: "Längst fällige Reformen"

Es hat sich abgezeichnet, dass die beiden großen Parteien verlieren werden, da es mehr Alternativen für Unzufriedene und Protestwähler gab. Aus jetziger Sicht wird das Land wieder von einer großen Koalition regiert werden. Ich hoffe sehr, dass SPÖ und ÖVP die kommende Legislaturperiode dazu nutzen, die längst fälligen Reformen zügig umzusetzen, sonst wird es wohl die letzte große Koalition gewesen sein.

Lojze Wieser: "Plumpe Versprechungen"

Es rächen sich das Kampflächeln und der Zwangsoptimismus, die nicht darüber hinwegtäuschten, dass alles Versprochene schon längst umgesetzt hätte werden können. Neue Wege sind zaghaft, und plumpen Versprechen folgen Frustrierte. Geld um sich werfende Greise entbehren der Ernsthaftigkeit. Eine neue Kultur der solidarischen Zusammenarbeit ohne Verhetzung steht an. Es ist scheiße, was da abrennt. Die Roten und Schwarzen werden aufpassen müssen, dass sie nicht, wie einst in Kärnten, Wegbereiter einer rechtspopulistischen Option werden.

Erwin Wurm: "Hoffentlich ein Irrtum"

Die Nicht-Unterscheidbarkeit der nicht vorhandenen Programme hatte Auswirkungen. Die vorläufigen 22 Prozent der FPÖ sind hoffentlich ein Irrtum, der sich durch die weitere Auszählung verflüchtigt und verdampft. Die großen Parteien haben Stimmen verloren. Ich stelle ein Raus-aus-der-Mitte fest: Es gab einen Rechts-links-Ruck. Und das Haider-Erbe verschwindet mit dem BZÖ.

Olga Neuwirth: "Nicht das alleinige Heil"

Das kleine Land Österreich verbindet hoffentlich mehr als nur wirtschaftliches Denken, Angst, Ressentiments, Erstarrung und Ausgrenzung: dass wirtschaftliche und finanzielle Verflechtungen nicht das alleinige Heil für eine Gesellschaft sind - so nah auch Konflikte an uns herankommen mögen. Eine andere Wahrnehmung von Kultur und Kunst darf wohl gar nicht mehr imaginiert werden.

Heimo Zobernig: "Freude kommt keine auf"

Freude kommt keine auf. Schade, dass die Grünen nicht zulegen konnten. Es hätten ruhig noch weniger Stimmen für das Team Stronach sein können. Ich finde es gut, dass sich eine junge liberale Partei, die Neos, durchsetzen konnte. Es wird vermutlich wieder eine SPÖ-ÖVP-Koalition geben. Ich hoffe, dass die beiden Parteien endlich mit dem Lehrer-Bashing aufhören.

Michael Ostrowski: "Austromasochismus"

Das wirklich Gute an diesem Wahlergebnis ist die Tatsache, dass sich Josef Bucher jetzt endlich einmal eine Auszeit vom strengen Schauen nehmen und in Jesolo eine Trafik eröffnen kann. Ansonsten breite ich lieber den Mantel des schaurigen Schweigens darüber aus, dass viele Protestwähler den Protest anscheinend in alter austromasochistischer Manier gegen sich selber gerichtet und die FPÖ gewählt haben, mitverantwortlich für die größten Korruptionsfälle der letzten Jahre. Hut ab! (DER STANDARD, 30.9.2013)