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Was geschah um 14:00:00.000 Uhr? Die US-Notenbank löste vergangene Woche ein Kursfeuerwerk aus und warf Fragen auf.

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New York / Wien - Geht es nach Eric Hunsader, war es ein Raub. Der Gründer des Chicagoer Finanzunternehmens Nanex ist ein Kenner der US-Kapitalmärkte. Und er geht davon aus, dass Insider an der Wall Street bereits vor allen anderen wussten, dass die US-Notenbank Federal Reserve mit einer Überraschung aufwarten würde. Am 18. September hatte die Fed um 14 Uhr Ortszeit verkündet, dass sie ihr Anleihenprogramm überraschenderweise nicht zurückfahren wird. "Aber die Nachricht aus Washington war noch vor 14:00 Uhr in Chicago und New York", ist Hunsader überzeugt.

Der Finanzanalyst hat sich 2010 einen Namen gemacht. In akribischer Kleinarbeit hatte er den "Flash Crash" am 6. Mai 2010 Sekunde für Sekunde analysiert. An dem Tag sind die US-Aktienmärkte innerhalb weniger Minuten um knapp neun Prozent gefallen, nur um Minuten später ihre Verluste fast gänzlich wettzumachen.

Am Tag der Fed-Entscheidung ging es noch schneller. Bereits um 14:00:00.007 hat ein Händler mehr als 800 Mio. Dollar am Futures-Markt für Gold gekauft und auf steigende Preise gewettet, sagt Hunsader. Die Entscheidung der Fed hat den Goldpreis um drei Prozent steigen lassen. All das passierte viel zu früh, kritisiert der Analyst. Dazu kommt: Es passierte zur selben Zeit in New York und Chicago. Das wäre aber physisch unmöglich, weil Daten zwischen den beiden wichtigen Finanzstädten zumindest zwei Millisekunden versetzt ankommen. Zuerst in New York, das näher an Washington liegt, später in Chicago.

Er spricht daher von einem Informationsleck in der Notenbank. Die Fed untersucht etwa, ob Journalisten die Pressemitteilung vorab gesendet haben könnten.

Doch Hunsaders Vorwurf eines Lecks blieb nicht unwidersprochen. Analysten von Virtu Financial haben in einer Studie Zweifel an der Datenqualität von Nanex geäußert. Das New Yorker Unternehmen Virtu ist einer der weltweit größten Hochfrequenzhändler. Die Analysten haben Zugang zu den direkten Datenkanälen der Börsen. Laut Virtu bezieht sich Nanex aber nur auf Daten aus sogenannten SPI. In diesen Pools sammeln die Börsen Preisdaten, etwa für die Aufsichtsbehörden.

Doch diese geben nur ein ungenaues Bild wider, zudem gehen die Uhren regelmäßig um Millisekunden falsch, so Virtu. Die genauen Daten von den Börsen würden aber zeigen, dass die erwartete Verzögerung zwischen Chicago und New York eingehalten wurde. Aber offenbar habe die Fed die Aussendung eine Millisekunde früher als sonst zur Verfügung gestellt. In der modernen Welt der Börse genug Zeit, um eine lukrative Order aufzugeben. (sulu, DER STANDARD; 28.9.2013)