"Marzo": Samurai und Jockey kämpfen und spielen sich durch ihre Masken und Kostüme hindurch in eine laute sterile Welt.

Foto: wolfgang silveri

"The Forest Project" der Performancegruppe United Sorry.

Foto: wolfgang silveri

Graz - Man folgt dem Holländer, der aussieht wie ein Althippie, in den Wald. The Forest Project der Performancegruppe United Sorry beginnt mit einer Wanderung. Nach ein paar Minuten erreicht man das "Zuhause" der Gruppe, wie der Althippie, der eigentlich Robert Steijn heißt, erklärt. Man staunt ob dieses Raums, den man mit kunstvoll aus Ästen gekreuzten Zäunen gebaut hat.

Dort und da entdeckt man Bänke, Steine, aus denen später Altäre der Liebe werden, und in den Bäumen wie Zapfen hängende Musikinstrumente. Es könnte das Werk einiger sehr kreativer Kinder sein, die sich in einem sehr langen Sommer ihre eigene Welt in Peggau bei Graz gebaut haben.

Steijn erzählt die Geschichte eines Zerrissenen: Er sei mit der Stadt verheiratet, doch habe er den Verlockungen des wilden Walds nicht widerstehen können. Menschliche Körper schälen sich aus dem Moos, machen Löffelstellung mit mächtigen Baumwurzeln oder rollen ächzend von Hängen.

Männlichkeitsrituale werden von vier Männern getanzt, während die Frau der Gruppe Pause hat. Man steckt sich, durchaus selbstironisch, meterlange Äste phallisch in die Wollhosen und bekränzt sich mit Efeugirlanden. So müssen Seminare für Manager sein, die ihre Urinstinkte suchen.

Das Abschlussbild ist überwältigend: Während man selbst eingerollt in eine Decke 30 Minuten einem Wasserfall im Wald lauscht, formieren sich nackte Körper auf Felsen im kalten Wasser zu einem stillen, aber beredten Bild: Menschen passen gut in die Natur. So wie sie sind.

Ganz anders, nämlich in undurchdringliche Masken und Kostüme gepackt, waren da die Körper der zweiten Premiere beim Steirischen Herbst am Donnerstag: Die italienische Gruppe Dewey Dell erzählt in Marzo mit dem japanischen Theatermacher Kuro Tanino auch von der Liebe.

Doch der Jockey, der Samurai, das Michelin-Männchen und der Skifahrer müssen kämpfen. Virtuos, schnell, aber zu sehr lauten, sterilen Klängen. Irgendwann will man in den Wald zurück. (Colette M. Schmidt, DER STANDARD, 28./29.9.2013)