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US-Außenminister Kerry und sein russischer Amtskollege nach einem Treffen am Rande der UN-Vollversammlung in New York.

Foto: AP Photo/Jason DeCrow

Damaskus/Washington - Erstmals seit Beginn des Konflikts vor mehr als zwei Jahren haben sich die fünf Vetomächte im UN-Sicherheitsrat auf einen Resolutionsentwurf zu Syrien geeinigt. Möglicherweise könne das Gremium bereits am Freitagabend über den Text abstimmen, hieß es nach einer Sondersitzung am Donnerstagabend in New York. Das sei der frühestmögliche Zeitpunkt, weil zunächst noch die Organisation für das Verbot chemischer Waffen (OPWC) in Den Haag zustimmen müsse, teilten die UN-Vertreter der Vetomächte mit. Ein vorläufiger Termin für die Abstimmung sei für 2 Uhr MESZ in der Nacht zum Samstag festgesetzt worden, gab die französische UN-Botschaft auf Twitter bekannt.

Im Text des Resolutionsentwurfs, der der Nachrichtenagentur dpa vorliegt, wird der Giftgasangriff vom 21. August "tief entsetzt" verurteilt, die Verantwortlichen müssten zur Rechenschaft gezogen werden. Syrien müsse zudem seine Chemiewaffen hergeben und vernichten lassen. Sollte das Land den Forderungen nicht nachkommen, wird mit Konsequenzen nach Kapitel VII der UN-Charta gedroht - wenn es wirklich so weit käme, müsste das Gremium allerdings noch einmal zusammenkommen und diese Konsequenzen im Detail formulieren. In diesem Punkt habe Russland sich durchgesetzt, analysierten Experten, das seinem engen Verbündeten prinzipiell nicht mit konkreten Strafmaßnahmen drohen wollte.

Resolutions-Vorschlag ist "Kompromiss"

Der Text sei ein Kompromiss, sagte der britische UN-Botschafter Mark Lyall Grant. Seine US-Amtskollegin Samantha Power erinnerte daran, dass sich der Sicherheitsrat direkt nach dem Giftgasangriff nicht einmal auf eine einfache gemeinsame Stellungnahme hatte einigen können. Das Gremium war seit Beginn des Konflikts vor mehr als zwei Jahren völlig blockiert. Russlands UN-Botschafter Witali Tschurkin bezeichnete den Text als "pragmatisch".

Vor der Einigung hatten die USA und China noch einmal zusammen auf eine rasche Einigung gedrängt. Eine UN-Resolution müsse verpflichtend und bindend sein, sagte ein US-Vertreter nach Gesprächen der Außenminister John Kerry und Wang Yi am Donnerstag. Noch am Mittwoch hatte Russland die Darstellung westlicher Diplomaten zurückgewiesen, dass sich die Vetomächte bereits auf den Kern einer Resolution verständigt hätten. In der Vergangenheit hatten Russland und China mehrmals gegen Bashar al-Assad gerichtete Resolutionen verhindert.

Untersuchungen sollen am Dienstag beginnen

Die Organisation für das Verbot von Chemiewaffen will ihre Untersuchungen in Syrien spätestens am Dienstag beginnen. Das geht aus dem Entwurf einer Beschlussvorlage für ein Treffen der Organisation am Freitagabend hervor, der der Nachrichtenagentur AFP vorlag. Darin verlangt die OPCW nicht nur Zugang zu den schon von Syrien aufgelisteten Anlagen und Lagerstätten. Auch jeder andere Ort, der mit dem Chemiewaffenprogramm in Verbindung gebracht werde, müsse inspiziert werden können.

Deutschland begrüßt Einigung

Die USA werfen Assads Truppen vor, bei einem Giftgasangriff im August mehr als 1.400 Menschen getötet zu haben. Das mit Assad verbündete Russland sieht die Verantwortung dagegen bei den Aufständischen, die seit Frühjahr 2011 gegen die Regierung kämpfen.

Der deutsche Außenminister Guido Westerwelle begrüßte die Einigung auf einen Resolutionsentwurf. Jetzt könne es schon in den nächsten Tagen für Assad einen "präzisen Zeitplan für die Beseitigung seiner Chemiewaffearsenale" geben. "Es wäre gut, wenn dieser Schritt in die richtige Richtung jetzt mit neuen Anstrengungen für eine politische Lösung und eine Genfer Konferenz der Bürgerkriegsparteien verknüpft werden könnte."

Nervengas leicht zu zerstören

Der Großteil des syrischen Arsenals an Nervenkampfstoffen ist laut einem Bericht der "Washington Post" offenbar leichter zu vernichten als angenommen. Russische und amerikanische Beamte gingen davon aus, dass der Großteil aus nicht als Waffe einsetzbaren flüssigen Vorläuferstoffen bestehe, die relativ schnell neutralisiert werden könnten, berichtete das Blatt online in der Nacht zum Freitag. Das mindere das Risiko, dass das Gift vom Regime versteckt oder von Terroristen gestohlen werden könnte.

Ein vertrauliche Einschätzung der USA und Russlands komme außerdem zu dem Schluss, dass das gesamte syrische Arsenal in etwa neun Monaten zerstört werden könnte, wenn das Regime mitspiele.

Das Weiße Haus habe es abgelehnt, die Einschätzung zu kommentieren, so die Zeitung. Die Beurteilungen seien während der intensiven Verhandlungen bei den Vereinten Nationen über einen Plan zum Abbau des syrischen Chemiearsenals geheim gehalten worden.

Schätzungen gehen davon aus, dass Syrien mehr als 1.000 Tonnen chemische Waffen besitze. Davon seien etwa 300 Tonnen Senfgas. Der Rest seien Vorläuferstoffe für Nervenkampfstoffe, schrieb die "Washington Post" unter Berufung auf zwei Teilnehmer an einem Briefing des Weißen Hauses. (red/APA/Reuters, 26.9.2013)