Im Koalitionspoker will sich in Österreich niemand in die Karten schauen lassen. Eine rot-schwarze Koalition gilt am wahrscheinlichsten.

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Wien - Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) schwärmt von Schwarz-Grün, "weil sich die große Koalition überlebt hat". Eva Glawischnig schließt eine Dreierkoalition mit Frank Stronach aus, weil der 81-Jährige "manchmal nicht mehr weiß, was er zwei Wochen zuvor gesagt hat". Mit Heinz-Christian Strache will die Grünen-Chefin ohnehin nichts zu tun haben. Und der FPÖ-Obmann selbst war am Donnerstag mit dem Dementi beschäftigt, dass seine Freiheitlichen einer drittplatzierten ÖVP durchaus zum Kanzler verhelfen würden.

Verwirrt? Anders als in Deutschland drücken sich die Spitzenkandidaten hierzulande bis zum Wahlsonntag um Antworten zu ihren Koalitionspräferenzen. Stattdessen erklären sie höchstens, mit wem eine Zusammenarbeit gar nicht geht. Dazu kommen aus der zweiten Reihe oft Koalitionswünsche, die mit der voraussichtlichen Wahlarithmetik kaum etwas zu tun haben - siehe Haslauer, denn: Schwarz-Grün kommt laut aktuellen Umfragen diesmal so gut wie nicht infrage. DER STANDARD gibt einen Überblick über mögliche Regierungsvarianten nach dem 29. September.

  • Rot-Schwarz: Auch wenn das halbe Land seit Jahrzehnten über diese Koalitionsform stöhnt, gilt es als am wahrscheinlichsten, dass SPÖ und ÖVP am Wahlabend wieder auf eine knappe Mehrheit kommen. Rot-Blau hat Kanzler und SPÖ-Vorsitzender Werner Faymann strikt ausgeschlossen, Rot-Grün wiederum, was Wiens Bürgermeister Michael Häupl (SPÖ) auch für den Bund präferieren würde, geht sich nicht aus. Und mit ziemlicher Sicherheit auch nicht Schwarz-Blau, wovor die Genossen im Wahlkampf ständig warnten. Falls Rot und Schwarz gemeinsam auf weniger als die Hälfte der Mandate kommen, könnte es zur ersten Dreierkoalition kommen, allerdings hat eine solche Variante "immer den Makel der schwierigen Führbarkeit", wie Politikberater Thomas Hofer erklärt. "Damit ist das Risiko eines vorzeitigen Endes höher."
  • Rot-Schwarz-Grün: In Kärnten koalitiert seit dem Frühjahr bereits die wahrscheinlichste Dreier-Runde nach der Nationalratswahl. Gebildet hat sich die bunte Formation, weil man die blau/orange Misswirtschaft der Jörg Haider-Ära ein für alle Mal beenden wollte. Die Koalitionsverhandlungen verliefen rasch und reibungslos, seitdem sind die Grünen für ihre Kernthemen Energie, Umwelt und Nachhaltigkeit zuständig. Die SPÖ hat die Schlüsselressorts Bildung, Soziales, Finanzen, Gemeinden und Personal bekommen. Die ÖVP ist für Kultur, Tourismus, Wirtschaftsförderung und Landwirtschaft zuständig. Experte Hofer sagt vor allem der ÖVP für diese Koalitionsform im Bund schwierige Zeiten voraus, denn: "Ihr droht bei dieser Variante ein Zangenangriff durch die linken Regierungspartner."
  • Schwarz-Blau-Stronach: Zwar hat Michael Spindelegger ein solches Bündnis bereits als "Cholera" bezeichnet, zuletzt gab sich der Vizekanzler und ÖVP-Obmann aber wieder gegenüber "allen Optionen offen". Dazu haben weder Freiheitliche noch das Team Stronach jemals andere Parteien als Regierungspartner ausgeschlossen. Für Hofer hat diese Regierungsform allerdings einen sehr hohen Unsicherheitsfaktor - und der heißt Frank Stronach: "Die Frage ist: Wie lange hält das mit ihm?"

Weitere neue Koalitionsformen sieht der Politikfachmann dann, wenn die Neos die Vier-Prozent-Hürde für den Einzug in den Nationalrat schaffen.

  • Schwarz-Grün-Pink: Parteichef Matthias Strolz selbst hielte jedenfalls eine Regierung mit den Bürgerlichen und den Grünen "für die größte Reformansage". Eine Koalition mit der FPÖ hat Strolz übrigens ausgeschlossen, nicht aber mit dem Team Stronach.

Wie bei den Neos ist genauso fraglich, ob es das BZÖ ins Parlament schafft. Trotz desaströser Umfragedaten formulierte Obmann Josef Bucher am Donnerstag schon einmal selbstbewusst die Bedingungen für eine Dreierkoalition mit seinem Bündnis als "unbequeme dritte Partei": Steuersenkungen und eine Verwaltungsreform - echte Alleinstellungsmerkmale also. (nw/pm/stein, DER STANDARD, 27.9.2013)