Brüssel/Luxemburg - Erheblich entgegen gekommen ist der Europäische Gerichtshof (EuGH) Bahnreisenden. Fahrgäste haben bei Verspätungen über 60 Minuten auch dann Anspruch auf teilweise Fahrpreiserstattung, wenn die Unpünktlichkeit des Zugs auf höherer Gewalt beruht. Mit diesem Spruch wies der EuGH am Donnerstag eine ÖBB-Klage zurück.
Der Verwaltungsgerichtshof hatte sich betreffend eine Beschwerde der ÖBB-Personenverkehr AG um Klärung an den EuGH gewandt. Die ÖBB versuchte mit der Beschwerde eine Verpflichtung der Schienen-Control-Kommission abzuschütteln, wonach sie in ihren Allgemeinen Beförderungsbedingungen eine Klausel streichen sollte, gemäß der bei höherer Gewalt, also im Fall von Naturkatastrophen, jegliche Entschädigung ausgeschlossen ist.
Der EuGH betont, dass die Verordnung die Eisenbahnunternehmen nicht von ihrer Pflicht zur Fahrpreisentschädigung befreit, wenn die Verspätung auf höherer Gewalt beruht. Die Entschädigung soll den Preis kompensieren, den der Fahrgast als Gegenleistung für eine nicht im Einklang mit dem Beförderungsvertrag erbrachte Dienstleistung gezahlt hat. Eine Haftungsbefreiung des Beförderers im Rahmen der mit der Verordnung geschaffenen Entschädigungsregelung sei nicht anwendbar. "Ein Eisenbahnunternehmen darf in seine Allgemeinen Beförderungsbedingungen keine Klausel aufnehmen, die es von seiner Pflicht zur Fahrpreisentschädigung bei Verspätungen befreit, die auf höherer Gewalt beruhen", unterstreicht der Gerichtshof.
Bis 50 Prozent Ersatz
Die Verordnung sieht vor, dass ein Fahrgast bei einer Verspätung von mindestens einer Stunde von der Eisenbahngesellschaft eine anteilige Fahrpreiserstattung von 25 Prozent verlangen kann. Ab zwei Stunden Verspätung erhöht sich die Entschädigung auf 50 Prozent des Ticketpreises.
Eine ÖBB-Sprecherin betonte in Reaktion auf das Urteil, dass sich in der Praxis nichts ändere. Die ÖBB leiste seit 2011 als einzige Bahn in Europa auch bei Verspätungen durch höhere Gewalt Entschädigungen, betonte ÖBB-Sprecherin Sarah Nettel am Mittwoch. Darüber hinaus gebe es Kulanzregelungen, etwa Hotelübernachtungen. (APA/DER STANDARD, 26.9.2013)