Das Thema Mindestlöhne wurde zuletzt nicht nur im deutschen Wahlkampf heiß diskutiert, auch Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sprach sich, ganz auf Gewerkschaftslinie, für Mindestlöhne von 1.500 Euro brutto aus.

Gesetzliche Vorgaben, um dieses Ziel zu erreichen, hält der Arbeitsmarktexperte des Instituts für Höhere Studien (IHS), Helmut Hofer, aber für nicht sinnvoll. "Der Staat soll in diesem Fall nicht eingreifen", sagte er am Donnerstag im Ö1-"Morgenjournal".

In Österreich gibt es noch einige Branchen, in denen die Kollektivverträge derzeit unter 1.500 Euro liegen. Verhandlungen der Sozialpartner hätten sich in der Vergangenheit aber als "erfolgreicher Weg" erwiesen, sagt Hofer.

Insgesamt sieht Hofer Vor- und Nachteile eines höheren Mindestlohns. Auf der positiven Seite stehe ein größerer Anreiz, in den Arbeitsmarkt zu gehen und sich einen Job zu suchen. Auf der anderen Seite erhöhe er aber die Kosten für die Unternehmen. Dabei bestehe die Gefahr, dass dieser Mehraufwand nicht an die Konsumenten weitergegeben werden könne und sich die Firmen somit nicht mehr alle Mitarbeiter leisten können.

Auch ÖGB gegen Gesetz

Allerdings: Gesetzliche Vorgaben fordert in Österreich auch die Gewerkschaft nicht. Sie hat sich lediglich zum politischen Ziel gesetzt, bei den Kollektivvertragsverhandlungen flächendeckend 1.500 Euro Bruttolohn für eine Vollzeitbeschäftigung durchzusetzen.

In Deutschland ist die Ausgangslage etwas anders: Im Nachbarland gibt es wesentlich mehr Arbeitskräfte, die von keinem Tarifvertrag erfasst sind. Daher wird dort seit längerem auch über gesetzliche Mindestlöhne diskutiert. Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) warnte am Dienstag aber davor, zu große Hoffnungen in einen einheitlichen Mindestlohn zu setzen.

"Ein Mindestlohn wird nur sehr geringe Effekte auf Ungleichheit und Armut haben", schreiben DIW-Präsident Marcel Fratzscher und Vorstand Gert G. Wagner in einem Beitrag für den "Tagesspiegel". Das Steuer- und Transfersystem werde einen großen Teil des zusätzlichen Einkommens wieder wegnehmen. Außerdem könnte es zu Jobverlusten kommen.

"Ein Mindestlohn verfehlt womöglich die gewünschten Ziele, wenn nicht zugleich prekäre Beschäftigung reduziert und die Ausbildung verbessert wird", argumentieren die Forscher.

IHS-Experte Hofer hielte in Österreich eine Steuerreform anstelle von höheren Mindestlöhnen für sinnvoll. "Dann hätte man den Effekt, ohne Kostensteigerung für die Unternehmen." Allerdings sei das derzeit schwierig, weil die öffentlichen Kassen saniert werden müssen.

Die SPÖ schnürte unterdessen ein "Fairness-Paket" für Frauen. Darin enthalten sind neben den SPÖ-Steuervorschlägen auch drei Forderungen von Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek, nämlich der Ausbau von Kinderbetreuungseinrichtungen und Ganztagsschulen, ein Mindestlohn von 1.500 Euro und der leichtere Umstieg von Teilzeit auf Vollzeit. (go, derStandard.at, 26.9.2013)