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Bei einer Podiumsdiskussion der Medien.Messe.Migration sprachen dei Vertreter der parteien über ihre Konzepte zum Thema Migration und Bildung.

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"Wir sind auch noch da", macht Michael Tscharnutter, Landesobmann des BZÖ Wien auf sich aufmerksam. Bei der großen Vorstellungsrunde wird dieser nämlich von Moderatorin Clara Akinyosoye vergessen. Aus gutem Grund: Insgesamt acht KandidatInnen fast aller bundesweit wahlwerbenden Parteien sprachen am Dienstag bei einer Podiumsdiskussion der Medien.Messe.Migration über ihre Konzepte zum Thema Migration und Bildung. Vor allem eines wurde dabei deutlich: Sie alle haben versucht, die Migrationsdebatte im Wahlkampf zu meiden.

So auch die SPÖ: Auf die Frage, ob diese die Migrationsdebatte gänzlich der ÖVP überlassen habe, sagt Peko Baxant, Wiener Landtagsabgeordneter der SPÖ: "Integration ist eine Querschnittsmaterie." Es seine wahlkampfstrategische Entscheidung gewesen, das Thema nicht stark im Wahlkampf zu thematisieren. "Es hat auch Vorteile, wenn man im Wahlkampf nicht über Integration spricht", verteidigt er sich weiter, um schließlich mit einem Zitat des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl abzuschließen: "Wahlkampf ist die Zeit konzentrierter Unintelligenz." In Sachen Bildung spricht sich Baxant klar für eine Ganztags- und Gesamtschule aus, um "allen die gleichen Chancen zu bieten."

"Satire": Wein und Schwein in FPÖ-Comic

Auch die ÖVP ist sehr unentschloßen, wenn es um , ihren Zugang zu MigrantInnen geht – vor allem in der eigenen Partei.Michael Jayasekara von der Jungen ÖVP Wien will nicht so recht erklären, warum Plakate des ÖVP-Kandidaten Hasan Vural mit Parteichef Michael Spindelegger und Staatssekretär Sebastian Kurz nach wenigen Tagen wieder zurückgezogen wurden. "Weil Vural nicht mehr der Parteilinie entsprochen hat", sagt er nur. Zum Programm der ÖVP in Sachen Migration meint Jayasekara: "Es ist absolut wichtig, die Sprache, die in einem Land herrscht, zu erlernen." Er greift die Idee der "Bildungspflicht" auf. Lernschwache Jugendliche sollten so lange weiter unterrichtet werden, bis sie "Mindeststandards" erreicht haben, so die Idee von Sebastian Kurz. Von dieser Bildungspflicht seien "auch 18 Prozent der ÖsterreicherInnen betroffen."

Bei der FPÖ besteht in der Migrationsdebatte noch mehr Erklärungsbedarf. Den "Türken", der im neuen FPÖ-Comic auf einem Schwein reitet und Wein trinkt, bezeichnet Martin Hobek, FPÖ-Integrationsreferent, als "Satire". Ob diese gelungen sei oder nicht, steht auf einem anderen Blatt. Die FPÖ kritisiere "Missstände in Sachen Integration manchmal akzentuierter" als andere, begründet er. Wien sei seit vielen Jahrzehnten eine "Vielvölkerstadt", doch zum ersten Mal gäbe es derartige "Probleme", so Hobek. Wogegen er sich klar ausspricht, sind mehrsprachige Schulen und entsprechendes Begleitlehrpersonal. Auch das Konzept der Gesamtschule lehne die FPÖ ab. "Eine Volksschule ist bereits eine Gesamtschule", so die Argumentation von Hobek. In jedem Fall aber müsse Deutsch "gekonnt werden": "Wir sind gegen Multikulti-Träumer-Varianten."

"Mehrsprachigkeit ist keine Krankheit"

Alev Korun, Nationalratsabgeordnete der Grünen, fordert, dass nicht alles in einen Topf geworfen wird. Im Wahlkampf hätten die Grünen versucht, weg von "dem Integrationsthema" zu gehen und MigrantInnen als "normalen Teil" in allen anderen Bereichen zu sehen. Außerdem sei auf den Wahlplakaten, auf denen Parteichefin Eva Glawischnig mit Kindern zu sehen ist, "Vielfalt abgebildet". Korun kritisiert, dass Kinder, die mehrsprachig aufwachen, als Problem gesehen werden: "Mehrsprachigkeit ist keine Krankheit, es ist eine Möglichkeit." Um diese zu nützen, seien mehr Mittel für Bildung notwendig.

Das BZÖ-Wahlprogramm enthält unter anderem die Idee eines "Ausländer-Checks" und einer Staatsbürgerschaft "auf Probe". Bei ersterem muss aus den Bereichen Bedarf, Sprache, Bildung, Gesundheit, Arbeitsfähigkeit, Erwerbstätigkeitsdauer, Arbeitsplatz und Einkommen eine Mindestpunktanzahl erreicht werden – solange sie StaatsbürgerInnen werden. Nach deren Verleihung sollte es dann eine "Probezeit" von fünf Jahren geben, in der eine unbedingte Freiheitsstrafe von mehr als einem Jahr zum Ausschlusskriterium wird. Michael Tscharnutter, Landesobmann des BZÖ Wien, sagt dazu: "Das Konzept der Integration ist gescheitert. Uns schwebt daher das Modell der Inklusion vor." Die Staatsbürgerschaft auf Probe ist für ihn "nicht so eine große Schranke."

Geht es nach dem Programm des Team Stronach, sollen MigrantInnen einen "Beitrag zum Gemeinwohl" leisten. Was darunter zu verstehen ist, kann Kandidatin Darinka Hrnjez nicht genau beantworten. "Frank ist selbst ausgewandert", sagt sie, und auch ihre Eltern, die "nur Arbeiter sind", hätten mit ihren Steuern, ihrer Arbeit und ihren Kindern "sehr viel beigetragen". Als "Farce" bezeichnet sie das neue Staatsbürgerschaftsgesetz, und die Bedingung, dass man erst nach sechs Jahren die Staatsbürgerschaft beantragen kann. So gehe etwa die Bedingung des dreijährigen ehrenamtlichen Engagements im Falle nicht-ausreichender Deutschkenntnisse an der Lebensrealität der Menschen vorbei, so Hrnjez.

FPÖ und ÖVP gegen Wahlrecht für Nicht-Staatsbürger

Die Migrationsdebatte aus dem Wahlkampf herauszuhalten, war auch die Strategie der Piratenpartei, sagt deren Kandidatin Juliana Okropiridse. So wie alle anderen Parteien, betont sie das Thema Bildung, denn es solle "allen möglich gemacht werden, sich hier zu integrieren". Es solle darauf geachtet werden, "die Kinder so früh wie möglich zu vermischen, damit sie sehen, dass sie gleich viel wert sind."

Claudia Gamon von Neos kritisiert das Verhalten der Parteien, wenn es um kritische Themen geht. Die Flüchtlingsdebatte sei ein "Zeichen dafür, wie man kritische Themen vor der Wahl anspricht, um Krone-Leser nicht zu verschrecken", so Gamon. Ihre Partei sehe unter anderem vor, lokale Projekte auf Bundesebene zu koordinieren und zu fördern.

Für ein Wahlrecht für Nicht-StaatsbürgerInnen sprechen sich SPÖ, Grüne, Neos, Piratenpartei und Team Stronach aus. Nicht genau dazu äußern, will sich das BZÖ. Strikt dagegen sind ÖVP und FPÖ. "Das Wahlrecht sollte kein Geschenk sein", sagt Michael Jayasekara von der JVP. Peko Baxant von der SPÖ bezeichnet das als "Blut-und-Boden-Ideologie" und Konzept "aus dem vorvorigen Jahrhundert". Auch Alev Korun von den Grünen kritisiert: "Jemand, der vor zwanzig Jahren ausgewandert ist, darf wählen, während jemand, der seit vielen Jahren hier ist, nicht einmal über einen Zebrastreifen in seinem Bezirk mitbestimmen darf." (Jelena Gučanin, 25.9.2013, daStandard.at)