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Puls 4-Chef Breitenecker mit ORF-Programmchefin Zechner.

APA-FOTO: HERBERT NEUBAUER

Wien - "Gute Geschichten erzählen" werde immer wichtiger, sagte ORF-Fernsehdirektorin Kathrin Zechner beim Medientage-Panel zum Thema "Wo kommt der Content her?" am Mittwoch. Trends wie Regionalität und Entschleunigung sowie einem Bedürfnis nach Identifikation und Authentizität gelte es nachzukommen.

Auch die Vertreter der Privatsender geben ihr da recht. Originären österreichischen Inhalt zu schaffen sei das Ziel. Bei der Frage nach der Finanzierung dieses Inhalts gehen die Meinungen freilich auseinander.

Neue Lizenzaufteilung zwischen ORF und Privaten

Puls-4-Geschäftsführer Markus Breitenecker plädierte dabei für eine Überarbeitung jenes Verhältnisses, das dem ORF immer noch zwei Drittel der Lizenzen sichere, während das restliche Drittel für die Privaten vorgesehen sei. Als "sauberstes Modell" hinsichtlich der Finanzierung sprach er sich wiederum für einen rein gebührenfinanzierten ORF aus, wobei dieser "den vollen Anteil" davon erhalten müsse. "Eine Gebührenrefundierung braucht es dabei gar nicht, wenn gleichzeitig auf einige Lizenzrechte verzichtet wird."

Derzeit könne könne der öffentlich-rechtliche Sender den Privaten "fast alles vom Markt wegkaufen", von Sport- über Serien- und Film- bis zu Showrechten. Breitenecker weist auch auf die Initiative von David Schalko hin, der 20 Prozent der Rundfunkgebühren gesetzlich für österreichische Produktionen zweckbinden will. Breitenecker: "Wenn wir Gebühren bekämen, würden wir 100 Prozent in die österreichsiche Produktionswirtschaft stecken."

"Abgehobender Diskurs"

Zechner wies indes darauf hin, dass sie 70 Prozent ihres Fernsehbudgets von 340 Millionen Euro für heimische Produktionen ausgebe. Sie stehe zwar dem Wettbewerb auf dem Markt insgesamt positiv und aufgeschlossen gegenüber, wie sie im Hinblick auf die bei Puls 4 gelandeten Rechte an der Fußball-Champions-League erklärte. Einsparungen im Lizenzbereich seien aber jedenfalls von deutlich geringerem Ausmaß als der Aufwand für Eigenproduktionen.

Der "abgehobene Diskurs", der aktuell vom ORF Sparmaßnahmen fordere, keine Gebührenrefundierung vorsehe und dennoch den gleichen Programm-Output verlange, ist in ihren Augen letztlich ein Druckmittel. "Irgendwann ist aber der Punkt erreicht, wo man aus Wasser Wein machen will. Und dagegen wehre ich mich."

Geduld und Mut

Drehbuchautor und Produzent Lukas Sturm forderte von den TV-Sendern zweierlei: "Geduld, um Ideen eine Chance zu geben", und den Mut, etwas zu wagen und den kreativen Partnern auch entsprechend beizustehen und an sie zu glauben. Mit einer Idee schlussendlich auch bei den richtigen Verantwortlichen zu landen sei oft eine "Knochenarbeit", so Sturm. "Vielleicht kann man vonseiten der Sender im Diskurs noch kreativer werden." Die Kreativbrache brauche Verbündete in den Sendern, "auf diese Art der Beziehung schaut man zu wenig".

"Less is more"-Prinzip für den ORF

Tobias Schmid, Bereichsleiter für Medienpolitik bei RTL, empfahl dem ORF eine Orientierung an dem britischen "Less is more"-Prinzip. "Warum konzentriert man sich nicht darauf, wofür man da ist, und überlässt das Massentaugliche den Privaten?", fragte er. Letztlich ist seiner Ansicht nach ein Kompromiss nötig, um auf dem internationalen, zunehmend digitalen Markt zu bestehen. Schmidt: "Am Ende brauchen wir uns, da muss man aber auch die Notwendigkeit des anderen erkennen."

Verwunderung über Kuschelkurs

Eine entsprechende Wertschöpfung im Bereich der Werbefenster vermisste wiederum ATV-Geschäftsführer Martin Gastinger, dessen Sender im kommenden Jahr mit dem Doku-Soap-Format "Wien - Tag & Nacht" die junge Zielgruppe im Vorabend im Auge hat. Auch setze man bewusst auf typisch österreichischen Content, angelegt auf vorerst 100 Folgen, um eine Zuschauerbindung zu erreichen. Produziert und geschrieben wird in Österreich, "Wien - Tag & Nacht" sei eine rein österreichische Produktion. Auf dem Podium wunderte er sich sich über den Kuschelkurs der Diskutanten: "Wir sind am Ende des Tages alles Konkurrenten."

Google als "wahrer Gegner"

Am Ende der Diskussion warnte Puls-4-Mann Breitenecker eindringlich vor Google: "Der wahre Gegner für uns alle ist Google, das wird die Bedrohung für alle klasssichen Medien sein." Google stehle "unseren Content und vermarktet ihn". Er forderte deshalb "gemeinsame Strategien und einen nationalen Schulterschluss, um den Angriff von Google abzuwehren". Die Vorschläge der Politik, gemeinsam mit Google eine Einigung zu erzielen, sind für ihn "völlig absurd", es brauche klare gesetzliche Reglungen: "Google muss Urheberrechte bezahlen und darf keine Inhalte stehlen. Das ist die internatione Bedrohung. Aber ein Schulterschluss funktioniert nur, wenn der ORF nicht alle Rechte wegkauft." (ae, derStandard.at, 25.9.2013/APA)