Am kommenden Sonntag wird gewählt. Und diese Woche finden zum 20. Mal die Österreichischen Medientage statt. Also ein doppelt guter Anlass, den Zustand des österreichischen Medienmarktes zu betrachten. Und Wünsche an die Medienpolitiker des Landes zu formulieren. Denn der Zustand des "Marktes für audiovisuelle Medien" in Österreich ist ungesund - oder gar toxisch.

Auf der einen Seite stehen die privaten Anbieter, also insbesondere ProSiebenSat.1 Puls 4, ATV, RTL und Servus TV, die stand alone nicht überlebensfähig sind. Soweit sie überhaupt positive Jahresergebnisse zeigen, liegt das daran, dass sie quersubventioniert werden. Und zwar durch den Content ihrer Mutterkonzerne. Ein ausschließlich in Österreich operierendes privates Fernsehunternehmen könnte unter den heutigen Bedingungen nicht überleben. Einkauf beziehungsweise Produktion von Inhalten ausschließlich für den österreichischen Markt wären im Verhältnis zu den erzielbaren Werbeeinnahmen schlicht zu teuer.

Der ORF wird immer kommerzieller

Auf der anderen Seite steht ein ORF, der immer kommerzieller wird, im Wettbewerb mit den Kommerziellen aber permanent Marktanteile verliert. Auch nicht nachhaltig. Dem Status quo stelle ich ein medienpolitisches Ziel gegenüber (und ich unterstelle es einmal als Common Sense österreichischer Medienpolitik), das lautet: Beide Bereiche des Sektors, also private und öffentlich-rechtlicher Anbieter, müssen stark und selbsterhaltungsfähig sein. Und zwar so stark und selbsterhaltungsfähig, dass keiner den anderen dominieren kann. Denn das ist der beste Garant für (Fernseh-)Meinungsvielfalt.

Lösungsvorschläge

Was sollte eine Medienpolitik der nächsten Legislaturperiode also jedenfalls unternehmen? Ich denke, zumindest zweierlei. Erstens: Es bedarf einer konsequenten Entkommerzialisierung der ORF-Programme, das heißt einer strengen und unzweideutigen Definition des öffentlichen Auftrags, und einer ebenso strengen Überprüfung der Einhaltung dieses Auftrags, dessen Inhalt darin besteht, ein breit gestreutes österreichisches und europäisches Angebot (an Information, Sport und auch Unterhaltung) zu zeigen und im Gegenzug konsequent das Angebot an (primär) US-Massenware effektiv zurückzufahren.

Das hätte den angenehmen Nebeneffekt, dass österreichische Gebührengelder nicht dafür verwendet würden, zur Primetime dieselbe Serienstaffel beziehungsweise denselben Spielfilm sowohl im Privatfernsehen als auch im Gebührenfernsehen zeitgleich angeboten zu erhalten. Parallelprogrammierungen, wie dies im Fachjargon genannt wird, mögen zwar gewünschte Wettbewerbseffekte (Verdrängung?) aus Sicht des Gebührenfernsehens entfalten - ein wirtschaftlicher Umgang mit Gebührengeldern sind sie aber mit Bestimmtheit nicht.

Vor allem aber braucht es -  zweitens - das Herstellen einer gesunden wirtschaftlichen Basis, und zwar sowohl für den ORF als auch für die Privaten. Dies kann erreicht werden, indem zwei Dinge parallel zueinander passieren: Der ORF reduziert das Ausmaß der kommerziellen Werbung in Schritten bis auf null. (Damit wird dann auch der Anreiz, eine stark kommerziell orientierte Programmierung zu machen, hinfällig.) Und: Der ORF wird auf eine Finanzierungsgrundlage gestellt, die eine saubere Erfüllung des öffentlich-rechtlichen Auftrags auch wirklich zulässt, gleichzeitig den ORF aber unabhängig von parteipolitischem Druck macht.

Es muss eine Situation hergestellt werden, die die ORF-Führung frei macht von finanzieller Unsicherheit, die ja letztlich nichts anderes als ein permanentes Abhängigkeitsverhältnis des ORF von der Politik schafft. Welche konkrete Ausgestaltung dieser Finanzierungsmechanismus haben sollte, das heißt Haushaltsabgabe nach deutschem Vorbild oder doch Beibehaltung des jetzigen Modells (oder gar direkte Finanzierung aus dem Bundesbudget) - all das wäre sicher noch einer Diskussion wert. Genauso wie die anderen medienpolitischen Fragen rund um Social Media und Co. Damit diese Finanzierungsregel auch Bestand hat, müsste sie entsprechend abgesichert werden, das heißt, sie dürfte nicht durch einfache politische Mehrheiten wieder aufgebrochen werden können - also eine Regelung in Verfassungsrang. Frage an die Medienpolitiker des Landes: Wer macht mit? (Alexander Zuser, Leserkommentar, derStandard.at, 25.9.2013)