Manstein: "Journalisten schreiben Geschichten für Journalisten, damit gewinnt man vielleicht Preise. Das wars dann aber schon, Watchdog ist man damit nicht."

Foto: Medientage

Wien - "Medien, Politik und Demokratie - ein Widerspruch?" ist das Generalthema der 20. Österreichischen Medientage. "Allein, dass diese Frage die Richtung vorgeben darf, ist bedenklich", sagt Hans-Jörgen Manstein in seiner Eröffnungsrede. Manstein: "Wir erleben einen erschreckenden Rückzug der Politik aus dem Politischen und eine Einmischung der Politik in den Alltag". Er ortet einen "erschütternd inhaltsleeren Wahlkampf in Deutschland". Manstein: "In Erinnerung bleibt die Bernsteinkette der Kanzlerin, der Stinkefinger des Herrn Steinbrück und vielleicht Herr Raab. Ansonsten nichts als Gedöns."

"Journalisten schreiben Geschichten für Journalisten"

Manstein ortet große Unterschiede zwischen dem Bild, das Medienmacher von sich selber haben und dem Bild, das die Öffentlichkeit hat von ihnen hat. Einerseits die Selbstwahrnehmung als Watchdogs oder "noch heerer als vierte Gewalt". Und auf der anderen Seite "die Zielgruppen, die Mehrheit der Österreicher, denen es zunehmend egal ist, was die Medien so treiben". Manstein: "Journalisten schreiben Geschichten für Journalisten, damit gewinnt man vielleicht Preise. Das wars dann aber schon, Watchdog ist man damit nicht." Medien von heute würden am Markt vorbei produzieren. 

Hype um Aktenabschreib-Journalisten

Kritik übt Mantstein vor allem am "selbstverliebten Hype um Aktenabschreib-Journalismus". Die junge Generation verlerne ihr Handwerk. Schuld daran seien neben der wirtschaftlichen Situation auch die Mediaagenturen, die "oft nach eigenen Gutdünken schalten und walten, nicht immer den Vorteil der Kunden in den Augen habend". 

Krise als der erste Schritt der Heilung

Fazit von Manstein: "Medien, wie wir sie heute kennen, sichern die Demokratie nicht". Und "Wir leben in der Tat in einer Situation, die kritischer nie war. Aber Krise ist der erste Schritt der Heilung." Medien seien keine geschützten Werkstätten. Und gute Medien würden keine Almosen brauchen, sondern mündige und kritische Bürger. "Es braucht dafür eine lebendige bürgernahe Politik. Es ist nicht Aufgabe der Medien, den Menschen das Lesen beizubrigen. Das ist Aufgabe der Politik", sagt Manstein. 

Medien seien gezwungen, sich neu zu erfinden, Journalisten seien jetzt mehr denn je gefordert. Manstein: "Sie müssen den Inhalten wieder auf die Spur kommen". (red, derStandard.at, 24.9.12013)