Es war ein "Angebot für Altruisten", das die deutschen Grünen ihrer eigenen Klientel machten: flächendeckende Steuererhöhungen für Besserverdienende und mittlere Wohlhabende.

Die Grünen sind stark im gutverdienenden öffentlichen Dienst und bei kleineren Selbstständigen. Sie entwarfen ein massives Steuer- und Abgabenerhöhungsprogramm ("Der Spiegel": "Raubzug mit Ansage"). Getroffen würden laut "Spiegel" nicht nur "die Reichen", sondern "viele Normalbürger, die allermeisten Mieter, sogar manche Geringverdiener".

Die Annahme war, dass die aufgeklärten und altruistischen grünen Wähler sich freiwillig höher besteuern lassen würden, weil mit dem Geld "mehr soziale Gerechtigkeit" hergestellt werden könne. Es ist durchaus wahrscheinlich, dass viele Grün-Wähler in Deutschland (und auch in Österreich) so denken. Aber in Deutschland begannen sie offenbar nachzurechnen, und es wurde ihnen klar, wie sehr die Last der Solidarität auf ihnen und nicht "den Reichen" lasten sollte - und sie haben entsprechend gewählt. "Wir haben den Eindruck erweckt, wir seien eine Verbotspartei, wir haben bei den Steuern Maß und Mitte verlassen", sagte Winfried Kretschmann, erster grüner Ministerpräsident (Baden-Württemberg) nach dem Wahlabsturz der Grünen. Grüne Wähler sind für Solidarität und Verteilungsgerechtigkeit. Aber offensichtlich nicht ohne Maß und Mitte. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 24.9.2013)