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Frisches Futter für die Wiener Börse fordert Voestalpine-Chef Wolfgang Eder. Der Staat solle durch den Abverkauf von Beteiligungen den Kapitalmarkt beleben. Ansonsten könnte der Börsenhandel in Wien bald Geschichte sein, fürchtet der Manager.

Foto: apa/Rainer- ensen

Wien - Wenn es um Standortthemen geht, zerbrechen sich auch Konzerngeneräle immer wieder den Kopf über die Zukunft: Österreich brauche dringend mehr Privatisierungen, sagt Voestalpine-Vorstandschef Wolfgang Eder in der Woche vor den Wahlen im Gespräch mit dem STANDARD.

Zwar sehe es nicht so aus, als sei eine stärkere Entflechtung von Politik und Realwirtschaft erklärtes Ziel, räumt er ein, wird aber insofern deutlich, als er den Rückzug des Staates auch als eine "Überlebensfrage" für die Wiener Börse "in den kommenden zwei, drei Jahren" bezeichnet. Das Ende des Derivatehandels, der vergangene Woche verkündet wurde, sei schon ein Zeichen an der Wand.

Der Staat könne da als "Motor" dienen, konkret etwa durch Rückzug beim Stromkonzern Verbund auf 25 Prozent, ebenso in einer Reihe von Infrastrukturunternehmen durch das Behalten lediglich einer Sperrminorität. Eder: "Ich frage mich, wozu ein Staat Mehrheiten an Flughäfen braucht."

Das sei nur bei der Daseinsversorgung und in der Basisinfrastruktur notwendig. Auch bei der ÖBB könnten längerfristig Teilbereiche privatisiert werden. Die Staatsquote, so Eder, müsse mittelfristig von derzeit über 50 auf mindestens 45 Prozent gesenkt werden.

Auf politischer Ebene sind Privatisierungen derzeit aber kein großes Thema mehr.

Der Kurier berichtete am Wochenende von einem neuen ÖVP-Konzept für die Staatsholding ÖIAG. Demnach soll diese massiv aufgewertet werden und für insgesamt 37 "marktnahe" Unternehmen im Staatsbesitz zuständig sein. Zusätzlich zu den bisherigen Beteiligungen an Post (52,85 Prozent), OMV (31,5 Prozent), Telekom (28,42 Prozent) und den staatlichen oder teilstaatlichen Banken würden laut ÖVP auch die ÖBB, der Verbund, die Asfinag, die Austro Control, der ORF oder der staatliche Casinos-Austria-Anteil zur ÖIAG wandern.

Ministerien verlieren Einfluss

Die derzeit dafür zuständigen Ministerien müssten entsprechend Kompetenzen abgeben. Gleichzeitig sind von der ÖVP nun - anders als noch vor wenigen Monaten - keine Rufe nach Privatisierungen mehr zu hören. "Privatisierungen werden durch ÖIAG Neu nicht aktiv angestrebt", lautet demnach das neue Motto.

Bei Arbeiterkammer-Direkter Werner Muhm, einem engen Vertrauten von Kanzler Werner Faymann, kommen solche Worte gut an. "Die ÖVP ist einen Schritt auf uns zugegangen", sagt er zum Standard. "Das ist positiv."

Auch er kann sich eine ausgeweitete ÖIAG vorstellen. Von einem Aus für die Beteiligungsholding, die früher immer wieder von der SPÖ gefordert wurde, ist jetzt keine Rede mehr. Beim Verbund oder "marktfähigen" Betrieben wie den Bundesforsten spräche aus seiner Sicht nichts gegen die ÖIAG. Skeptisch sei man aber noch immer beim Thema Infrastruktur - Stichwort ÖBB.

Dringend nötig sei jedenfalls die Änderung des ÖIAG-Gesetzes, sagt Muhm. Sie müsse die Möglichkeit haben, bei Kapitalerhöhungen ihrer Unternehmen mitzuziehen oder auch Aktien zuzukaufen. Direkt könnten solche Entscheidungen also nicht mehr von der Politik getroffen werden. "Das sollen die ÖIAG-Organe für die Republik machen", sagt Muhm. Allerdings, und hier kommt die Politik wieder ins Spiel. Die SPÖ fordere weiterhin einen neuen Bestellmodus für den ÖIAG-Aufsichtsrat. Er dürfe nicht, wie bisher, "ein Freundeskreis der Industriellenvereinigung" sein. (Karin Bauer Günther Oswald, DER STANDARD, 24.9.2013)