Sardinien ist nicht wie Italien und man isst doch wie in Italien. Wie sollte es auch anders sein? Die Grundzutaten für die traditionellen Gerichte lassen sich auch hier auf Mehl, Kartoffeln, Milch und Fett sowie saisonale Gemüsesorten reduzieren. Arm waren die Leute schließlich hier, dort und da.

Wie jedes Jahr besteigen Laschi und ich auch diesen Sommer wieder unsere Räder und begeben uns auf einen kulinarischen Rad-Roadtrip in den Süden. Die schönen Küstenstrände, der sardische Käse, die Berge sowie das traditionelle Spanferkel haben 2013 das Rennen bei uns gemacht. Denn ein wesentlicher Vorteil einer kulinarischen Radreise ist das gewissensbissenfreie Genießen von deftiger Hausmannskost.

Je weiter man in Europa in den Süden fährt, desto weniger schätzen die Einheimischen das Schwitzen durch Sport und desto häufiger sind wir kleine Weltwunder auf zwei Rädern. Zwei schwitzende Frauen am Rad mit Packtaschen sind nicht der schönste, aber hier ein sehr seltener Anblick. Mehr Fotos und Geschichten dazu gibt es auf meinem Blog Gib Bianca Futter! zu finden.

Um Slow Travelling mit Rad in Sardinien genussvoll durchzustehen, braucht man natürlich die notwendige Kondition – am Rad und beim Essen, denn die Landschaft ist abwechslungsreich hügelig und die traditionelle Kost ausreichend deftig. Unsere erste Station im Norden von Olbia, das Agriturismo Candela in Arzachena, reizt unsere kulinarische Kondition aus. Denn selbst wenn man radfahrend unterwegs ist, bleibt die mengentechnische Nahrungsaufnahme beschränkt und wir stoßen schon bei den Antipasti fast an unsere Grenzen.

Foto: Bianca Gusenbauer

Der Küchenchef sitzt kurz bei uns am Tisch und erklärt das Lokal. Für 20 Euro werden hier mehrere, ziemlich gehaltvolle und leckere Gänge inklusive Wein und Getränke serviert. Am ersten Abend scheitern wir kläglich an der Speisenfolge und obwohl wir das Spanferkel den ganzen Tag schon vor Augen hatten, müssen wir nach der selbstgemachten Pasta w.o. geben.

Die Anti-Pasti-Teller türmen sich am Tisch und ausgehungert leeren wir alle so, als ob es kein Morgen geben würde. Verschiedene Wurst- und Specksorten lassen unsere Herzen höher schlagen. Das typische hauchdünne, knusprige, sardische Brot, pani carasau, essen wir nur sparsam, denn die große Gemüsevielfalt begeistert uns mehr.

Foto: Bianca Gusenbauer

Malloreddus und culingionis heißen die typischen sardischen Nudelgerichte, die uns am ersten Abend serviert werden und hausgemacht mit frischem Salbei wirklich hervorragend schmecken, aber leider unsere Essenskapazität völlig ausschöpfen.

Foto: Bianca Gusenbauer

Fast hysterisch bin ich allerdings geworden, als ich ein paar Tage später endlich Fregola in einem Lebensmittelgeschäft entdeckte. Nur Laschi konnte mich von einem Großeinkauf in Anbetracht der zu erwarteten Höhenmeter und des limitierten Fahrradtaschenvolumens abhalten. Nichtsdestotrotz, ein paar Kilos haben es trotz Laschis Intervention bis nach Österreich geschafft und ein Fregola-Rezept gibt es daher auf meinem Blog Gib Bianca Futter! zu finden.

Am zweiten Tag im Candela sind wir besser vorbereitet und fordern vom Koch weniger Anti-Pasti und dafür mehr Spanferkel. Das Wort "weniger" scheint er allerdings nicht zu kennen. Dennoch, an diesem Abend schaffen wir es bis zum Spanferkel, bei dem das Fleisch zart weich und die Haut knusprig ist. Serviert mit Bratkartoffeln schmeckt es wirklich lecker und selbst am nächsten Tag freuen wir uns bei unserer Radfahrpause noch über das vom Koch für uns eingepackte Ferkel.

Foto: Bianca Gusenbauer

Die auch am ersten Abend von uns verweigerte Nachspeise, die durch sardisches Süßgebäck und dem sardischen Kräuter-Verdauungsschnaps Mirto kompensiert wurde, kann der Koch uns endlich am zweiten Abend servieren: Seadas con miele. Honig ist ein weiterer wichtiger Bestandteil der sardischen Küche. Mich erinnern die Seadas stark an die Polsterzipf meiner Kindheit: Nudelteig frittiert, allerdings auf Sardinien gefüllt mit Ricotta und Honig.

Foto: Bianca Gusenbauer

Alles in allem geht es in der sardischen Küche heftig deftig zu und sie liefert ausreichend Energie für viele Höhenmeter und Kilometer am Rad durch die schöne, abwechslungsreiche Landschaft.

Foto: Bianca Gusenbauer

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