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Der Kandidat hat sich sehr bemüht. Die SPD konnte bei der Bundestagswahl zulegen, Kanzlerkandidat Peer Steinbrück hätte sich aber mehr gewünscht.

Foto: Reuters/Peter

Die Freude im Konrad-Adenauer-Haus ist kurz nach 18 Uhr groß, konnten doch CDU und CSU deutlich zulegen. Ungewöhnlich bald - kurz nach 18.30 Uhr - kommt Bundeskanzlerin und CDU-Chefin Angela Merkel auf die Bühne und erklärt: "Der Jubel zeigt, wir können uns alle freuen, das ist ein überragendes Ergebnis. Wir werden verantwortungsvoll und sorgsam damit umgehen und alles dafür tun, dass es erfolgreiche Jahre für Deutschland werden."

Merkel bedankt sich - ebenfalls ungewöhnlich - auch einmal öffentlich bei ihrem Ehemann Joachim Sauer: "Danke an meinen Mann, der auch an meiner Seite steht und manches ertragen muss."  Dann wendet sie sich noch einmal an die vielen CDU-Anhänger und sagt zu ihnen: "Feiern dürfen wir heute schon, denn wir haben es toll gemacht."

Für den Chef des Meinungsforschungsinstituts Forsa, Manfred Güllner, hat die CDU die richtige Strategie im Wahlkampf verfolgt: "Der CDU hat der Merkel-Bonus genutzt, viele FDP-Wähler von 2009 sind wieder zur Union zurück", sagt der Meinungsforscher Güllner zum STANDARD.

"Gemeinsam für Deutschland" war einer der Slogans, mit denen Merkel bei all ihren Auftritten geworben hatte. "Die Kanzlerin" stand schlicht auf Plakaten, die kurz vor dem Urnengang in ganz Deutschland noch auftauchten. Auch von der CSU, die vor einer Woche bei der bayerischen Landtagswahl die im Jahr 2008 verloren gegangene absolute Mehrheit wieder zurückgeholt hatte, war während des Wahlkampfes kein einziger massiver Querschuss gekommen. Die Unionsparteien versuchten, das Thema Pkw-Maut nicht allzu hochkochen zu lassen.

Die CDU, und allen voran Merkel selbst, waren im Wahlkampf diesmal massiv gegen die Zweitstimmenkampagne der FDP aufgetreten. Diese hatte, nachdem sie in Bayern aus dem Landtag geflogen war, nur noch eine Parole ausgegeben: "Wer Merkel als Kanzlerin will, muss mit der Zweitstimme FDP wählen." Auf diese Art und Weise hatte die FDP versucht, sich den Wiedereinzug in den Bundestag zu sichern.

Das Ergebnis jedoch an diesem Abend ist für die FDP eine Kata­strophe. Die Freien Demokraten hatten bei der Bundestagswahl 2009, damals noch unter ihrem Spitzenkandidaten Guido Westerwelle, 14,9 Prozent erreicht. Doch nun rasselten sie nahezu ins Bodenlose. Sehr blass tritt Spitzenkandidat Rainer Brüderle vor die sehr stillen Liberalen und erklärt: "Heute ist ein schwieriger Abend. Als Spitzenkandidat übernehme ich die Verantwortung."

Zukunft der FDP-Spitze offen

Von einem Rücktritt als Fraktionschef ist jedoch noch nicht die Rede. Auch Parteichef Philipp Rösler lässt seine Zukunft offen. Die FDP will zunächst am Montag in den Gremien beraten. Bedrückt fügte Brüderle noch hinzu: "Wir werden dafür sorgen, dass die Stimme der Freiheit auch in Zukunft gehört wird."

Dafür könnte künftig Christian Lindner sorgen. Er war schon Generalsekretär der FDP, derzeit ist er FDP-Vizechef im Bund und Parteichef in Nordrhein-Westfalen. Der 34-Jährige gilt als Zukunftshoffnung der FDP. Doch zunächst erklärt auch er: "Es ist ohne Zweifel eine bittere Stunde für die Freien Demokraten. Wir haben offensichtlich nicht überzeugt.

Bisher hatte die FDP immer den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde in den Bundestag geschafft und war sogar in 13 Regierungen als kleiner Koalitionspartner in den bisher 17 Legislaturperioden in der Nachkriegszeit vertreten. Das bisher schlechteste Ergebnis hatten die Liberalen 1969 mit 5,8 Prozent erzielt.

Gemischte Stimmung herrscht hingegen bei den Sozialdemokraten. Zwar können diese unter ihrem Spitzenkandidaten Peer Steinbrück zulegen. Doch selbst er räumt ganz offen ein: "Wir haben nicht das Ergebnis erzielt, das wir wollten." Er weist noch einmal darauf hin, dass es nicht an der Kampagne gelegen habe: "Die SPD hat keinen inhaltsleeren Wahlkampf hingelegt." Der viele Applaus der Genossen im Willy-Brandt-Haus zeigt jedoch: Sie wollen sich bei Steinbrück für seinen persönlichen Einsatz und das Plus beim Ergebnis bedanken.

Die Grünen konnten sich darauf einstellen, dass sie am Wahltag nicht allzu viel zu jubeln haben werden. Ihre Umfragewerte schmolzen dahin, je länger der Wahlkampf dauerte. Dabei hatten sie nach dem Wahlerfolg in Baden-Württemberg 2011, der ihnen mit Winfried Kretschmann den ersten grünen Ministerpräsidenten bescherte, Werte, die jenseits der 20-Prozent-Marke lagen.

Nicht nur die Pädophiliedebatte und die Debatte um den Veggie-Day schadeten ihnen. "Das ist ein enttäuschendes Ergebnis", sagt Bundesgeschäftsführerin Steffi Lembke, als der Trend des Abends klar wird. "Wir müssen uns fragen: Wie konnte es dazu kommen, dass wir viele nicht gewinnen konnten, die eigentlich für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft stehen", fügt Spitzenkandidatin Katrin Göring-Eckardt hinzu.

Eurokritiker sind zufrieden

Die Linken hatten als Ziel ein zweistelliges Ergebnis im Visier, dieses schafften sie nicht. Die große Unbekannte war die eurokritische Partei Alternative für Deutschland (AfD). Diese Partei, die zum ersten Mal bei einer Wahl antrat, konnte in Umfragen immer stärker zulegen, je näher der Wahltag rückte. Ihr Spitzenmann Bernd Lucke sagt am Abend: "Wir wissen schon jetzt, dass wir Deutschland vorangebracht haben. Die Parteien wissen, dass es Widerspruch gibt." (Birgit Baumann/Alexandra Föderl-Schmid aus Berlin, DER STANDARD, 23.9.2013)