Helmut Höflehner ist mit seiner Chefin verheiratet, golfen darf er aber manches Mal.

Gumpenberg/Wien - Sie befinden sich am Hauser Kaibling, am östlichen Rand der Vier-Berge-Skischaukel Schladming-Dachstein, der Höfi-Express I und der Höfi-Express II, quasi die Nachfahren der beiden Schlepplifte, die Helmut Höflehners Eltern einst aufgebaut haben. "Mir ist es gutgegangen bei der Skifahrerei, ich war ja doch einige Jahre lang Siegläufer, ich habe nicht schlecht verdient. Sonst hätte ich das nie auf die Füße stellen können", sagt der ehemalige Abfahrtsspezialist Helmut Höflehner, der zweimal den Spezialweltcup gewonnen hat. Aus den Schleppern sind also deshalb kuppelbare Vierersesselbahnen mit Wetterschutzhauben geworden. Auf die Frage, was aus ihm, dem ehemaligen Skirennläufer geworden sei, antwortet der 53-Jährige: "Jetzt bin ich ein kleiner Seilbahner."

Fast alles im blauen Bereich

Viereinhalb größtenteils blaue Pistenkilometer gehören zu seinem Reich, ein kurzes steiles Stück ist rot markiert, lässt sich aber umfahren, folgt man nur den blauen Tafeln. Zwei Pistenmaschinen, Pumpstationen und 35 Schneekanonen gehören auch dazu sowie vier ganzjährig Angestellte, wenngleich es keinen Sommerbetrieb gibt; sommers ist allerhand zu tun mit Revisionen. Die Abrechnungen zwischen ihm, dem kleinen, "komplett eigenständigen" Seilbahner, und den Großen seien kompliziert. "Ich habe zu kämpfen, aber wir finden immer eine halbwegs gerechte Lösung."

Die Höhendifferenz in seinem Reich beträgt 650 Meter. Für eine Weltcupabfahrt wären 800 Meter vonnöten. Höflehner hat noch Abfahrtsski in seinem Keller, sie stehen seit 1994 dort, seit er seine Karriere beendet hat. Auf die Idee, sie wieder einmal anzuschnallen, ist er noch nicht gekommen. "Es interessiert mich nicht mehr, eine Piste möglichst schnell runterzufahren. Das Risiko ist viel zu groß."

Nichts passiert

Ähnlich dachte er, als er seine erfolgreiche Karriere beendete. In der letzten Saison war ein vierter Platz die fetteste Beute. Die Chance, noch einmal gewinnen zu können, sei gering gewesen. Zudem "hab ich schon ein gewisses Alter gehabt, und das Interesse der Sponsoren, mit mir zu verlängern, war auch nicht mehr sehr groß". Auch ist ihm, dem zweifachen Vater, aufgefallen, "dass ich in den letzten zwei Jahren öfter gestürzt bin als in den zehn Jahren davor".

Passiert ist - abgesehen von Prellungen oder Schürfwunden - nichts. Höflehner tanzt insofern aus der Reihe der Skirennfahrer, als "ich bis dato keine Arthroskopie gehabt habe, keinen Bruch und keinen Bänderriss".

Seit 1992 ist Helmut Höflehner mit Lydia verheiratet, "mit meiner Chefin", sie führt die Geschäfte im Skigebiet. Die Söhne Roman (26) und Julian (23) sind erwachsen und keine Skirennläufer.

Mechaniker und Rennfahrer

"Ich wollte immer Rennfahrer werden", sagt Höflehner, der aber von daheim dazu angehalten wurde, einen Beruf zu erlernen. Als Automechaniker legte er die Gesellenprüfung ab. "Als Junger machst du dir ja keine großen Gedanken über die Zukunft. Aber später war ich schon froh, dass ich einen Beruf habe, sollte es nicht klappen."

Es klappte. "Mir war nichts zu mühsam. Wenn du ein Ziel vor Augen hast, dann darfst du nie nachlassen." So fuhr er während der Lehre nach der Arbeit mit dem Moped nach Hause, rauf nach Gumpenberg, in einen Ortsteil von Haus im Ennstal, jausnete, um gleich wieder runterzufahren zum Konditionstraining. Er wurde Riesenslalommeister bei den Schülern und der Jugend und erhielt die Möglichkeit, beim österreichischen Skiverband (ÖSV) mitzutrainieren.

Ski von Charly Kahr

Es war in Hintertux, und die Details sind präsent. Charly Kahr, der legendäre Abfahrtstrainer, fragte ihn, wonach ihm sei. "Ich wollte Riesenslalom fahren, aber Kahr sagte, dass in dieser Disziplin die Konkurrenz zu stark sei, ich es in der Abfahrt probieren soll. Ich hab ihm gesagt, dass ich keine Abfahrtsski habe, er hat welche aufgetrieben, ich hab sie zum ersten Mal angeschnallt und war auf Anhieb in den Zeitläufen bei den Schnellsten dabei." Die Karriere nahm ihren Lauf. Fis-Rennen, Europacup, C-Kader, Weltcup. Und was war im Rückblick das sportlich schönste Erlebnis? "Mein erster Weltcupsieg, 1983 in Lake Louise, da hab ich gewusst, dass ich alle schlagen kann, der Beste sein kann. Das bleibt im Kopf."

Im Kopf geblieben ist natürlich auch das Malheur von Saalbach bei der WM 1991, als Höflehner, der zum engsten Favoritenkreis zählte, unmittelbar nach dem Start beim Schlittschuhschritt mit den Skienden übers Kreuz und einen Augenblick später neben einem Tor stehend ins TV-Bild kam. Auch diese Details sind präsent. "Das Problem war nicht der Start, sondern das dritte Tor. Bei der Besichtigung sind nur die Innentore dort gestanden, die Außentore wurden erst später gesteckt, ich bin das dritte zu hoch angefahren und mit den Skienden am Außentor hängengeblieben. Im Fernsehen hat es deshalb so blöd ausgeschaut, weil der Start eingespielt wurde. Und in dem Moment, in dem auf das Live-Bild umgeschaltet worden ist, bin ich schon dort gestanden." Darüber ist Höflehner hinweg. "Schade", sagt er aber heute noch, "es hätte alles gepasst. Solche Möglichkeiten hat man nicht oft im Skizirkus.

Medaillen-Los

Höflehner gewann zehn Weltcupabfahrten und schmückte 25-mal das Podium, aber eine Medaille bei WM oder Olympia blieb ihm versagt. "Von der Leistung her, die man über eine ganze Saison bringen muss, ist der Weltcup sicher mehr wert als eine Medaille." Diesbezüglich haben es andere besser erwischt, etwa der Deutsche Hansjörg Tauscher, der 1989 in Vail, Colorado, sensationell Abfahrtsweltmeister wurde. Im Weltcup schaffte Tauscher einen einzigen dritten Platz. "Es war sehr kalt, er hatte einen schnellen Ski und wählte eine gute Linie", erinnert sich Höflehner. "Aber was heißt Glück? Du musst es ja auch derfahren können."

Abgesehen davon geht es darum, dass die Wintersaison wieder eine gute wird. (Benno Zelsacher, DER STANDARD, 23.9.2013)