Die Grünen wollen eine Regierungsbeteiligung, die Neos auch. Die gemeinsame Mehrheit von Rot und Schwarz ist nicht so sicher. Man könnte sich allmählich mit der Frage beschäftigen, was allenfalls ein dritter Partner in einer Regierungskoalition bewirken könnte. Allerdings hat die "ARGE Wahlen" in einer Simulation soeben berechnet, dass SPÖ und ÖVP auch noch mit 47 Prozent der Stimmen eine, wenn auch knappe, Mandatsmehrheit hätten, selbst wenn BZÖ oder Neos ins Parlament kommen.

Üben wir uns trotzdem ein wenig in Gedankenspielen: Was könnten die Grünen, was könnten die Neos in eine rot-schwarze Koalition einbringen? (Andere theoretisch denkbare Varianten wie Schwarz-Blau-Stronach lassen wir dabei aus - wir wollen ja ruhig schlafen.)

Die Neos sind ideologisch der schon unter Schüssel weggebissene liberale Flügel der ÖVP, angereichert durch klassisch-liberale und grüne Elemente. Ihre Aufgabe wäre, den Kammern- und ÖAAB-Beton der Volkspartei und den Gewerkschaftsbeton der SPÖ aufzuweichen - sie sind stark bei den Selbstständigen, bei Kreativen, Freiberuflern. Von ihnen kann man erwarten, dass sie etwas unternehmen gegen die Pensionsprivilegien im geschützten Sektor (wo sich die wahre Frage der Verteilungsgerechtigkeit stellt) und gegen das Betonsystem bei den Schulen. Das würde wohl konkret die Förderung von Schulautonomie und mehr Privatschulen bedeuten. Das Los der kleinen Selbstständigen würde erleichtert, Unternehmensgründungen gefördert. Im Grunde das Programm der "Entfesselung der Wirtschaft", von dem Michael Spindelegger redet. Gesellschaftspolitisch würden die Neos die individuellen Freiheitsrechte stärker betonen, vor allem gegenüber einer autoritären Obrigkeit.

Im letzten Punkt treffen sie sich mit den Grünen, die ein verlässliches Bollwerk gegen rechtsautoritäre Tendenzen in Politik und Staat sind. Andererseits muss man von den Grünen starke volkspädagogische Tendenzen erwarten. Wir sollten zwar wirklich alle weniger Fleisch essen und mehr Rad fahren. Die Umsetzung müsste freilich anders erfolgen als durch die Grünen in Wien ("Volkskommissariat für das richtige Verkehrsbewusstsein" ). Und die ÖVP müsste sich davor fürchten, von roten und grünen Besteuerungsideen in die Zange genommen zu werden. Ein aufgewertetes Umweltressort wäre naheliegend für die Grünen. Da sie sich um die Aufdeckung von Korruption sehr verdient gemacht haben, könnte man ihnen auch das Justizministerium anvertrauen.

Gibt es die geeigneten Personen? Die Neos verfügen mit Hans Peter Haselsteiner über einen erfolgreichen, durchsetzungsstarken Industriellen, der aber auch die Mechanismen des Verbändestaates kennt. Ihr Gründer Matthias Strolz traut sich den Bildungsminister zu. Er verfügt immerhin über beträchtliche psychische Energie und könnte vielleicht sogar Lehrergewerkschafter entnerven. Eva Glawischnig wäre wohl als Umweltministerin geeignet. Sie wirkt gelassener, selbstsicherer, auch schlagfertiger als früher. Vom Auftreten her würde man ihr ein Ministeramt zutrauen. Werner Kogler, derzeit Chef des Rechnungshofausschusses, ist als Justizminister denkbar.

Okay, okay, die Sache mit dem Fell des Bären ist bekannt. Aber die Vorstellung "five more years of the same" ist zu deprimierend, um nicht auf eine belebende Ménage-à-trois zu hoffen. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 21.9.2013)