In der Affäre um den umstrittenen Aktienkauf von Voestalpine-Chef Franz Struzl hat sich niemand mit Ruhm bekleckert. Struzl nicht, der mit Insiderwissen bewaffnet die Aktien einer Gesellschaft kauft, an der sein Arbeitgeber maßgeblich beteiligt ist; der Staatsanwalt nicht, der zuerst einer Bußzahlung anstelle eines Prozesses zustimmt, dann aber durch öffentliche Aussagen über ein abgeschlossenes Verfahren - zuletzt im Standard - den Manager quasi schuldig spricht. Und im Hintergrund arbeitet eine Regierung daran, durch ihre stümperhafte Privatisierungspolitik eines der österreichischen Paradeunternehmen international zu diskreditieren.

Wahrscheinlich hat Struzl tatsächlich kein Insidergeschäft geplant, als er am 3. Juli 2002 privat VAE-Aktien erwarb. Der Chef der deutschen Vossloh AG bestätigt, dass die Übernahme der VAE durch die Voest damals noch lange nicht feststand. Damit wäre Struzl vom juristischen Vorwurf des Insiderhandels entlastet. Doch die Absicht der Voest, die VAE zu einem bestimmten Preis zu erwerben, stand bereits fest, und Struzl wusste das. Seine Aktienorder war zwar eine Spekulation, aber eine mit sehr hoher Gewinnchance. Das ist zumindest moralisch fragwürdig, selbst wenn viele andere heimische Manager dasselbe täten. Eine Verschärfung des Aktienrechtes wäre in diesem Punkt wohl angeraten.

Formal ist Struzl nach seiner Buße nicht mehr angreifbar. Dazu kommt, dass der 61-Jährige einen ausgezeichneten Ruf besitzt und viel zum Erfolg der Voest beigetragen hat. Andererseits braucht der Stahlkonzern gerade jetzt eine starke Führung und nicht einen angeschlagenen Chef, der vor allem sich selbst verteidigen muss. Wenn Struzl nun zurücktreten müsste, wäre es nicht unbedingt fair - aber auch nicht ganz falsch. (Der Standard, Printausgabe, 02.08.2003)