Im jüngsten Bericht des Internationalen Währungsfonds über globale Ungleichgewichte wird die Eurozone als Problem bezeichnet - nicht nur wegen hoher Verschuldung und geringen Wachstums, sondern auch wegen wachsender Leistungsbilanzüberschüsse, die andere Weltregionen zwingen, Defizite im Außenhandel zu fahren. Da das Loch in der US-Leistungsbilanz allmählich schrumpft, sind es nun die oft fragilen Schwellenländer, die Überschüsse aus Europa im großen Umfang aufnehmen müssen.

Verursacher dieses Ungleichgewichts ist Deutschland, das heuer auf neue Rekordstände beim Exportüberschuss hinarbeitet. Was wie eine Erfolgsstory klingt, ist ein Eingeständnis wirtschaftlichen Scheiterns: Europas größter Volkswirtschaft gelingt es nicht, durch eigene Nachfrage das notwendige Ausmaß an Wachstum und Beschäftigung zu schaffen. Deutsche Firmen sind zum Export verdammt, müssen die Lohnkosten relativ niedrig halten, was wiederum die Binnennachfrage schwächt - ein Teufelskreis.

China, das eine ähnliche Strategie verfolgt hat, baut seine Wirtschaft bereits um, durch steigende Wechselkurse und höhere Inflation. In Deutschland ist das eine nicht möglich, das andere nicht gewünscht. Die Alternative sind Strukturreformen und Liberalisierungen - genau das, was die Regierung Merkel bisher versäumt hat und auch im Wahlkampf kaum angesprochen wurde. Die nächste Regierung wird dem Thema kaum weiter ausweichen können. (Eric Frey, DER STANDARD, 16.9.2013)