Im Auftrag von Keyword-Advertiser "Auctionata" generierten Yahoo und Bing bis Dienstag dieser Woche Anzeigen, bei denen Juristen Markenrechtsverletzungen orten.

 

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Die Textpassagen (zB. "Sotheby's Auktionen - Antiquitäten & Raritäten kaufen" oder "auctionata.com/sotheby's") suggerieren eine geschäftliche Verbindung und verlinken direkt auf die Auctionata-Website.

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Search-Engine-Optimization oder Keyword-Advertising, für Wolfdietrich Hassfurther fiel das bis vor einigen Tagen in die Kategorie "böhmische Dörfer". Dann stolperte der Kunstauktionator bei Yahoo zufällig über Folgendes: Gab man in die Suchmaske "Hassfurther" ein, reihte sich eine "Anzeige zum Thema Hassfurther" an die erste Stelle der Liste. Jedoch verlinkten die Textpassagen "Hassfurther - Antiquitäten & Raritäten kaufen" und "auctionata.com/ hassfurther" auf die Website des deutsch-österreichischen Kunsthandelsportals Auctionata.

"Ja, dürfen s' denn des?" (© Ferdinand I.), ist man hierzulande geneigt zu fragen. Nein, mutmaßte der 72-Jährige und wurde tätig. Yahoo-Deutschland konterte sein Ersuchen um Hilfestellung zur Wahrung des Namensschutzes prompt mit Inseratenangeboten. Der Schutzverband gegen unlauteren Wettbewerb erklärte sich "für die Beurteilung von möglichen Namensrechtsverletzungen einzelner Mitglieder und damit die Durchsetzung individueller Ansprüche" nicht zuständig. Er solle sich doch an die Rechtsabteilung der Wirtschaftskammer wenden. Hassfurther kontaktierte den Standard. Schnell war klar: Nicht nur er, sondern die gesamte im deutschen Sprachraum aktive Auktionsprominenz ist betroffen.

Kristie, Sotherby & Toroteum

In Europa mag Google punkto Marktanteil unangefochten an der Spitze stehen, in den USA kommt das Yahoo-Bing-Netzwerk immerhin auf 29 Prozent. Ohne spezifisches Marketing bleiben Unternehmen jedoch auch dort nur ein Datensatz von unzähligen.

Eine der gängigsten Maßnahmen sei Keyword-Advertising, bestätigt Viktor Zemann, über das für bestimmte Schlüsselwörter eine prominente Position auf der ersten Seite der Suchmaschinenergebnisse gekauft wird. Diese bezahlten Treffer werden zuoberst in einem Werbeblock zusammengefasst.

In vorliegender Causa ortet der Online-Marketing-Berater jedenfalls eine Verwechslungsgefahr zwischen Auctionata und den diversen Markeninhabern. Der zugrunde gelegte "Anzeigentext" inkludiert nicht nur allgemeine Begriffskombinationen (z. B.: "Gemälde kaufen"), sondern auch die Namen zahlreicher Auktionshäuser, sowohl deutscher (u. a. Lempertz, Van Ham, Villa Grisebach, Neumeister) und österreichischer (Dorotheum, Im Kinsky, Hassfurther) als auch internationaler wie Bonhams, Christie's und Sotheby's - falsche Schreibweisen (u. a. Christi, Kristie, Sotherby, Soteby oder Toroteum) übrigens inklusive.

Bei Yahoo und Bing generierten sich somit Anzeigen, die alle dem eingangs erwähnten Muster folgten. Besonders die Passagen "auctionata.com/sotheby's" und "auctionata.com/im kinsky auktionen" sorgen für heftigen Unmut in der Branche. Für Ernst Ploil, Rechtsanwalt in Wien und Kinsky-Teilhaber, eine klare Markenrechtsverletzung: Der Inhalt dieses Suchergebnisses erwecke bei Benutzern nämlich den falschen Eindruck, dass zwischen Im Kinsky und dem von der ISA Auctionata Auktionen AG (Wien/Berlin) geführten Betrieb ein organisatorischer oder wirtschaftlicher Zusammenhang bestünde.

Letzteres habe die Gefahr von Verwechslungen zur Folge, erläutert Ploil und forderte Auctionata in einem Schreiben zur "Beseitigung des rechtsverletzenden Zustands" auf. Ebenso wurde der Bundesverband Deutscher Kunstversteigerer aktiv und übermittelte eine entsprechende Abmahnung. Die Rechtsabteilungen von Christie's und Sotheby's prüfen noch entsprechende Schritte zum Schutz ihrer Marken. Das Dorotheum übermittelte eine schriftliche Beschwerde zu dieser Schutzrechtsverletzung an Yahoo.

Dienstagmittag ersuchte der Standard Auctionata um Stellungnahme: warum man sich für eine solche Strategie entschied, die in der Branche geradezu als aggressiv wahrgenommen wird. Es handle sich dabei "um das völlig normale Bemühen jedes neuen Marktteilnehmers, auf einem äußerst traditionell geprägten Markt mit legitimen Mitteln seine Bekanntheit zu steigern", antwortete man anderntags.

Wie man auf die erwähnten Abmahnungen zu reagieren gedenkt? Diese würden geprüft. Mittwochfrüh hatte sich das Erscheinungsbild der Anzeigen beim Gros der genannten Auktionshäuser jedenfalls geändert: Unter dem Titel "Anzeige zum Thema Kinsky Auktionen" verlinken nun "Antiquitäten & Kunst Shop - Echte Raritäten & Sammlerstücke" oder "Auctionata.com/auktionen" zur Auctionata-Website und informiert man "Originale kauft man bei Auctionata!". Ob dies eine Reaktion auf die Abmahnung oder nur Zufall ist, war nicht in Erfahrung zu bringen: "Wir haben diesbezüglich unseren Ausführungen nichts hinzuzufügen", ließ Alexander Zacke, Auctionata-CEO, ausrichten. (Olga Kronsteiner, Album, DER STANDARD, 14./15.9.2013)