Es gibt nur wenige Themen, bei denen die 28 Mitgliedstaaten mit ihren 500 Millionen Bürgern mit Begeisterung an einem Strang ziehen. Der Vorschlag der EU-Kommission, dass durch die Abschaffung der Extrakosten für Handytelefonieren im Ausland alle Verbraucher die Möglichkeit haben, zu denselben Preisen wie zu Hause zu telefonieren und zu surfen, kommt da wie gerufen. Was der EU-Bürger im Börsel spürt, beeindruckt ihn oft am meisten und hätte einen stärkenden "Wir-Europäer-Effekt".

Die Krux des Vorschlags liegt darin, dass Brüssel die Mobilfunkanbieter dazu bringen will, freiwillig auf Roaminggebühren zu verzichten. Wer verzichtet schon gerne auf ein einträgliches Körberlgeld? Als Anreiz wirft EU-Kommissarin Neelie Kroes eine modifizierte Definition der Netzneutralität in die Arena. Jeder erhält ungebremst Zugang zum Internet mit der Geschwindigkeit, die er zahlt. Netzanbieter sollen de facto aber sehr wohl differenzieren und für Premiumdienste extra kassieren dürfen.

Netzaktivisten sehen darin zu Recht eine Zweiklassengesellschaft im Internet, der Streit um den Vorschlag tobt bereits. Die Frage ist nur, was daran besonders sein soll: Immerhin würde niemand kritisieren, dass die Businessklasse teurer ist als Economy. Der Glaube, dass sich das Internet marktwirtschaftlichen Gesetzen entziehen könne, war von vornherein eine Illusion. So zahlt auch jetzt schon jeder ein Aufgeld für die superschnelle Leitung. (Karin Tzschentke, DER STANDARD, 13.9.2013)