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Greta Gerwig spielt im gerade anlaufenden Film "Frances Ha" eine Tänzerin auf der Suche nach ihrem Platz im Leben.

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Es ist ein Freitag, spätabends. Am Bildschirm läuft der Film Frances Ha, der als Komödienknaller dieses Herbstes gehandelt wird und dieser Tage anläuft. Der Filmverleih hat den Streifen zur Vorbesichtigung zur Verfügung gestellt: Frances, eine Endzwanzigerin rennt gerade in Schwarz-Weiß durch das nächtliche New York. Sie sucht einen Bankomaten, weil sie die Zeche in einem Restaurant begleichen will. Die Szene steht gewissermaßen für den ganzen Film, in dem sich eine junge Tänzerin aus der Provinz liebenswürdig und patschert zugleich durchs Leben schlägt. Pünktlich zum Abspann des Films läutet das Telefon. Auf dem Display erscheint eine lange Nummer und die Worte "Beverly Hills". Die Stimme, die dran ist, hat man gerade noch im Film gehört. Es ist Greta Gerwig. Sie klingt heiter und auch ein bisschen aufgeregt.

STANDARD: Guten Abend, schön, dass Sie sich melden. Sie rufen in Wien an, falls Ihnen das Ihre Agentin nicht gesagt hat. Kennen Sie Wien?

Greta Gerwig: Ja, ich kenne Wien. Ich war da und hab eine Menge Mozart gehört – und Kuchen gegessen.

STANDARD: Und bestimmt viele Zigaretten geraucht. Ich habe soeben Ihren neuen Film "Frances Ha" gesehen. Sie pofeln darin ganz ordentlich.

Gerwig: Ja, ich war überhaupt süchtig nach Zigaretten. Das ist vorbei. Aber ich liebe es, wenn Leute um mich herum rauchen. Außerdem passte es gut zur Rolle in Frances Ha. Jemand, der raucht, ist doch auch jemand, der nicht wirklich auf sich aufpasst. Wien wäre diesbezüglich sicher gefährlich für mich.

STANDARD: Apropos Sucht: Man sagt, Sie seien fernsehsüchtig.

Gerwig: Ich kann fernsehsüchtig sein, ja. In letzter Zeit weniger. Ich liebe klassische Polizeiserien, eine meiner Lieblingsserien ist Naked City aus den 1960er- und 1970er-Jahren.

STANDARD: Was gibt's noch für Süchte?

Gerwig: Ich schaffe es, viel Zeit im Internet zu verbringen, aber wer schafft das nicht? In vielerlei Hinsicht bin ich ein Arbeitstier. Wenn ich etwas mag, ist es echt schwer für mich, damit aufzuhören. Da muss ich aufpassen.

STANDARD: Woody Allen gilt auch als Arbeitstier. Sie haben als Schauspielerin mit ihm in "To Rome with love" gearbeitet. Wenn man schon einmal jemanden fragen kann, wie ist er denn so?

Gerwig: Allen war für mich immer sehr inspirierend, und ich bin unglaublich glücklich, mit ihm gearbeitet zu haben. Er ist eine Ikone, ein Genie, aber auch ein guter Arbeiter, der wie viele andere Regisseure hart arbeitet, auch wenn wir natürlich eine Menge Spaß am Set hatten.

STANDARD: Sie spielen in "Frances Ha" eine junge Frau, die auf der Suche nach sich selbst ist. Würden Sie sagen, Sie haben Ihren Platz im echten Leben gefunden?

Gerwig: Ich denke, ich hab meinen Platz viel eher gefunden als die Frau, die ich im Film spiele. Ich hatte allerdings mehr Glück als sie. Meine Rückschläge waren kleiner und anders.

STANDARD: Im Film sagen Sie, dass niemand mehr dem anderen zuhört und jeder in sein Ego verliebt ist. Ist das die Zeit, in der wir leben?

Gerwig: Ich tu mir schwer, das generell zu beurteilen. Aber ich glaube schon, dass das auch etwas Repräsentatives für meine Generation ist.

STANDARD: Apropos Generation: Ihr Name klingt irgendwie Deutsch. Haben Sie Wurzeln in Europa?

Gerwig: Ja. Sowohl die Familie meiner Mutter als auch jene meines Vaters stammen ursprünglich aus Deutschland. Ich spreche sogar ein bisschen Deutsch. Aber jetzt lieber nicht.

STANDARD: Die New York Times nannte Sie die "mögliche maßgebliche Leinwandheldin ihrer Generation". Wie fühlt man sich als angehender Star?

Gerwig: Ich fühle mich nicht wirklich als Filmstar, ich bin eine Schauspielerin und Autorin. Klar ist das aufregend, was da alles passiert, aber in erster Linie bin ich froh, die Projekte realisieren zu können, die mich interessieren.

STANDARD: Aber Sie mögen rote Teppiche?

Gerwig: Ja, klar. Ich mag auch Mode, und es gefällt mir, wenn ich aufgemascherlt über den roten Teppich gehe und auch noch fotografiert werde.

STANDARD: Welche Art von Mode gefällt Ihnen?

Gerwig: Jil Sander zum Beispiel, ich find es gut, dass sie wieder für das Label designt, das ihren Namen trägt. In New York mag ich unter anderem Narciso Rodriguez oder Jason Wu. Es sagt mir nicht so zu, wenn eine Marke zu groß rüberkommt und ein Haus zu viele Linien und Designer hat. Da sehe ich dann nur mehr das Produkt und nicht die Ideen, die dahinterstecken.

STANDARD: Was würden Sie sagen: Welchem Filmstar aus der Hollywood-Geschichte sehen Sie ähnlich?

Gerwig: Das ist eine schwierige Frage. Manche sagen, ich würde Diane Keaton ähneln, was mir sehr schmeichelt. Es ist leichter, zu sagen, wen ich bewundere, auch wenn das eine lange Liste ist. Ich mag zum Beispiel die alten Screwball-Komödien mit Carole Lombard. Ich liebe aber auch John Wayne und Gene Hackman. Ach, es sind so viele.

STANDARD: Sie werden nicht nur als Filmstar, sondern auch als das neue "It-Girl" ausgeschildert.

Gerwig: Ich denke, der Begriff ist eine Erfindung der Sixties. Er fängt einen gewissen Frauentypus für eine ganz bestimmte Zeit ein. Und das geht vorbei. Deshalb fühle ich mich diesem Titel auch nicht besonders verbunden.

STANDARD: Auch als Sexsymbol handeln sie manche. Wie gehen Sie damit um?

Gerwig: Ich als Sexsymbol? Großartig. Ich mag die Idee auf gewisse Art, auch wenn ich mich nicht wirklich als solches sehe.

STANDARD: Seriösere Einschätzungen gehen in Richtung Indie-Star und Rebellin gegen das klassische Hollywood-Produzenten-System.

Gerwig: Ich glaube nicht, dass ich eine Rebellin bin. Sagen wir es so, es ist angenehmer, selbst auf die Trommel zu hauen, als dem Takt anderer zu folgen.

STANDARD: Noah Baumbach, der Regisseur von "Francis Ha", mit dem Sie das Drehbuch schrieben, ist auch privat Ihr Partner. Wie ist das so zu Hause mit Arbeit und Privatem?

Gerwig: Wir können das nicht besonders gut trennen. Alles läuft ziemlich ineinander, aber wir freuen uns darüber, gemeinsam an Filmen zu arbeiten. Es ist einfach aufregend und gut.

STANDARD: Sie sagten einmal, Sie beide wären wie John Lennon und Paul McCartney? Sind Sie Lennon oder McCartney?

Gerwig: Der Vergleich bezog sich aufs Schreiben von Songs. Wahrscheinlich bin ich McCartney. Ich bin wohl eher der Wings-Typ als die Plastic-Ono-Band-Abteilung. (Michael Hausenblas, Rondo, DER STANDARD, 13.9.2013)